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Road to COP29: Our insights
The 28th Conference of the Parties on Climate Change (COP28) took place on November 30 - December 12 in Dubai.
Global | Publication | juni 2020
Die Regierungskoalition hat in der letzten Woche weitere Maßnahmen zur Konjunktur- und Krisenbewältigung angekündigt. Diese müssen noch das Gesetzgebungsverfahren durchlaufen; politische Stolpersteine sind jedoch bisher nicht absehbar. Als Teil der angekündigten Maßnahmen soll es zu einer zeitlich befristeten allgemeinen Senkung der Umsatzsteuersätze von 19% auf 16% bzw. von 7% auf 5% kommen.
Auch ohne Vorliegen eines Gesetzentwurfs soll auf einige interessante Auswirkungen auf die Immobilienbranche hingewiesen werden.
Die Bundesregierung hat mit den großzügigen steuerlichen Stundungsmöglichkeiten bereits früh auf die absehbaren Engpässe bei Unternehmen aufgrund von Zahlungsausfällen reagiert. Weitere Maßnahmen wurden diskutiert und der Koalitionsausschuss hat sich nun auf einige dieser Maßnahmen geeinigt. Der Verlustrücktrag soll für die Jahre 2020 und 2021 auf EUR 5 Mio. angehoben werden, die degressive AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter soll befristet angehoben werden.
Überraschend ist die geplante, zeitlich befristete Senkung der Umsatzsteuersätze. Diese Senkung soll für einen Zeitraum von sechs Monaten ab dem 1. Juli 2020 gelten. Maßgeblich für die zeitliche Abgrenzung ist der Zeitpunkt der Lieferung bzw. Leistungserbringung nach umsatzsteuerlichen Maßstäben (dazu unten). Die Steuersätze sollen für alle Lieferungen und Leistungen von 19% auf 16% bzw. von 7% auf 5% gesenkt werden. Historisch ist dieser Schritt, da es seit der Einführung der Umsatzsteuer in ihrer heutigen Form im Jahr 1968 noch nie zu einer Senkung der allgemeinen Steuersätze kam.
Grundsätzliche Relevanz erlangen die Neuregelungen schon durch die Notwendigkeit, diese einzuhalten. Werden die Pläne der Koalition tatsächlich zum 1. Juli 2020 wirksam, so sind sie erstmals für die Voranmeldung im August (oder September bei Fristverlängerung) umzusetzen. Maßnahmen hierfür sind zu treffen. Insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen mit Dauerrechnung kann es leicht zu einem falschen Steuerausweis kommen (hierzu unten).
Größere Relevanz werden die Neuregelungen dort haben, wo Leistungen an, oder im Zusammenhang mit Leistungen an, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Personen erfolgen. Für Vermieter von Wohnraum oder anderer Flächen, welche „vorsteuerschädlich“ verwendet werden, stellt die Umsatzsteuer einen wesentlichen Kostenfaktor dar. Dieser Kostenfaktor wird für solche Eingangsleistungen reduziert, welche im Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis zum 1. Januar 2021 empfangen werden.
Die gesenkten Steuersätze sollen für Lieferungen und sonstige Leistungen anwendbar sein, die nach dem 30. Juni 2020 und vor dem 1. Januar 2021 erbracht werden. Maßgeblich für die zeitliche Bestimmung sind die umsatzsteuerlichen Grundsätze. Diese Grundsätze sind nicht neu und, soweit ersichtlich, sollen auch keine Änderungen eigeführt werden. Um die Auswirkungen der temporären Steuersatzsenkung besser einschätzen zu können, seien die maßgeblichen Grundsätze kurz dargestellt:
Ein Immobilienfonds (Fonds) beauftragte im November 2019 einen Unternehmer mit der Herstellung eines Studentenwohnheims als Gesamtleistung. Die Parteien vereinbaren Abschlagzahlungen nach Maßgabe der nachgewiesenen vertragsgemäßen Leistungen. Der Leistung einer Abschlagzahlung geht jedoch keine Abnahme voraus und gilt nicht als Vollendung einer Teilleistung. Der Unternehmer erstellt seine Schlussrechnung, unter Anrechnung der Abschlagzahlungen, erst, wenn eine Gesamtabnahme des Objekts erfolgt ist. Bauvollendung und Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten ist für den September 2020 geplant. Die gesamten Nettobaukosten belaufen sich auf EUR 25 Mio., die Herstellungskosten einschließlich USt somit auf EUR 29,75 Mio.
Das Objekt wird im September 2020 planmäßig fertiggestellt und abgenommen. Es wurden Abschlagzahlungen i.H.v. EUR 22 Mio. zzgl. 19% USt (EUR 4,18 Mio.) bis zum 30 Juni 2020 abgerechnet und bezahlt. Die Schlussrechnung beläuft sich auf EUR 29 M (EUR 25 Mio. zzgl. 16% USt (EUR 4 Mio.)).
Es kommt zu Verzögerungen bei der Fertigstellung. Das Objekt wird erst im Januar 2021 abgenommen. Die Schlussrechnung beläuft sich auf EUR 29,75 Mio., denn es liegen keine Teilleistungen vor und die Werklieferung wird mithin im Januar 2021 erbracht.
Wie oben, jedoch erfolgen Abschlagzahlungen nach Baufortschritt monatlich über das gesamte Jahr 2020. Die zwischenzeitliche Anwendung des reduzierten Steuersatzes muss mit der Schlussrechnung in 2021 korrigiert werden und die Gesamtleistung muss zu 19% abgerechnet werden. Kommen die Parteien zu einer Vereinbarung, die den Vertrag in der Art ändert, dass einzelne Werke gesondert abgenommen und abgerechnet werden, muss der reduzierte Steuersatz auf diejenigen Teilleistungen angewandt werden, die im Zeitraum Juli bis Dezember 2020 vollendet werden.
Wir oben, jedoch soll die Abnahme in den nächsten drei Wochen erfolgen. Es ist von planmäßigen Baukosten von Netto EUR 25 Mio. zzgl. EUR 4,75 Mio. USt auszugehen. Erfolgt die Abnahme erst im Juli 2020, wäre ein Umsatzsteuersatz von 16% anwendbar und die Umsatzsteuer beliefe sich auf EUR 4 Mio.
Wie bereits oben angesprochen, muss die Reduktion des Steuersatzes im Rahmen der Abrechnung von Lieferungen und sonstigen Leistungen reflektiert werden. Geschieht dies nicht und werden beispielsweise nur die Zahlungen der geplanten Rechtslage angepasst, kommt es ggf. zu einem unrichtigen, weil zu hohen Steuerausweis. Der Leistende muss die auch unrichtig ausgewiesene Steuer abführen, aber der Empfänger ist insoweit nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Eine spätere Korrektur ist mindestens mühsam, sie kann auch zu Spannungen führen.
Für langfristige Verträge sieht das Umsatzsteuergesetz eine Anpassungsregelung vor. Kommt es zu einer maßgeblichen Änderung der umsatzsteuerlichen Behandlung einer Leistung, so sieht § 29 UStG eine Anpassung für Verträge vor, welche mindestens vier Monate vor Inkrafttreten der Änderung bereits wirksam abgeschlossen waren. Der Regelung sollte es nicht bedürfen, wenn eine Nettoleistung zzgl. geschuldeter Umsatzsteuer vereinbart ist.
§ 29 Umstellung langfristiger Verträge
(1) 1Beruht die Leistung auf einem Vertrag, der nicht später als vier Kalendermonate vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen worden ist, so kann, falls nach diesem Gesetz ein anderer Steuersatz anzuwenden ist, der Umsatz steuerpflichtig, steuerfrei oder nicht steuerbar wird, der eine Vertragsteil von dem anderen einen angemessenen Ausgleich der umsatzsteuerlichen Mehr- oder Minderbelastung verlangen. 2Satz 1 gilt nicht, soweit die Parteien etwas anderes vereinbart haben. 3Ist die Höhe der Mehr- oder Minderbelastung streitig, so ist § 287 Abs. 1 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.
(2) Absatz 1 gilt sinngemäß bei einer Änderung dieses Gesetzes.
Die Vorschrift ist eine zivilrechtliche Norm, die es einer Vertragspartei ermöglicht, unter bestimmten Voraussetzungen einen Ausgleich der umsatzsteuerlichen Mehr- oder Minderbelastung von der anderen Vertragspartei zu verlangen. Die Vorschrift soll bei Inkrafttreten einer Gesetzesänderung zwischen Vertragsabschluss und Umsatzausführung eine Preisanpassung ermöglichen. Damit soll insbesondere der leistende Unternehmer die Möglichkeit erhalten, z.B. eine höhere Umsatzsteuer im Ergebnis auf den Leistungsempfänger zu übertragen. Erstmalig kann die Regelung nun im Interesse der Leistungsempfänger Anwendung finden.
Für eine Anpassung für den Januar 2021 ist bei Verträgen, welche nunmehr geschlossen werden, zu raten, eine vertragliche Regelung vorzusehen. Da die Erhöhung bekannt ist, besteht grundsätzlich ggf. kein Interesse, welches durch § 29 UStG zu schützen ist.
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