Einleitung
Wirtschaftliche Unsicherheit steigt
Nach vielen Jahren des stetigen wirtschaftlichen Aufschwungs wird mit einer Abkühlung dieser langen Wachstumsphase gerechnet.1 Neben den Einflüssen regelmäßig wiederkehrender Wirtschaftszyklen spielen hierbei sicherlich auch die aktuellen wirtschaftspolitischen Entwicklungen, insbesondere wachsender Protektionismus und die Nutzung der Wirtschaftspolitik als Druckmittel allgemeiner politischer Einflussnahme, eine gewichtige Rolle.2 In Deutschland kommen darüber hinaus eine sehr starke Abhängigkeit vom Export und die unterentwickelte Digitalwirtschaft hinzu. Notwendige und unvermeidbare Umwälzungen beispielsweise der Automobilbranche werden insbesondere bei den Zulieferern für Schwierigkeiten sorgen.3
Seit einiger Zeit ist zu beobachten, dass Banken bereits heute auf die erwarteten wirtschaftlichen Veränderungen reagieren. Sie nehmen Kunden bestimmter, als anfällig betrachteter Branchen genauer in den Blick. Kreditnehmer werden bei Verstößen gegen vereinbarte Finanzkennzahlen schnell zur detaillierten Berichterstattung über die wirtschaftliche Lage gebeten. Auch die Erstellung von Wirtschaftsgutachten und Prognosen wird schneller gefordert. Bei größeren Zweifeln an der Schuldentragfähigkeit des Kreditnehmers wird ein Gutachten zur Sanierungsfähigkeit, idealerweise nach den Grundsätzen des IDWS 6 erwartet.4
Absicherung von Kreditnehmern
Die Unsicherheiten führen regelmäßig zu einem Vertrauensverlust zwischen Kreditgebern und Kreditnehmern. Wenn keine Vertrauensbasis mehr besteht, sehen Gläubiger oft keine Grundlage, sich der wirtschaftlichen Genesung ihres Kunden durch wirtschaftliche Hilfe zu verpflichten.5 Hilfe kann der „waiver“ bezüglich der verletzten Finanzkennzahl, ein Verzicht auf Kreditkündigung, ein teilweiser Forderungsverzicht oder eine Sanierungs- oder Restrukturierungslinie sein.6
Wenn die Gesellschafter der Kreditnehmerin jedoch willens sind, einen Dritten maßgeblichen Einfluss auf das Unternehmen und den anstehenden Prozess ausüben zu lassen, sind sie regelmäßig bereit, auch wirtschaftlich beizutragen.
Interessen der Unternehmen und Gesellschafter
Auch die betroffenen Unternehmen und insbesondere deren Gesellschafter haben häufig Interesse an einem geordneten Verfahren und einer Fortführung der Zusammenarbeit mit den Banken. Kommt es nicht zu einer Sanierung, weil sie als unnötig angesehen wird oder weil sich die Gesellschafter nicht auf ein Vorgehen einigen können, droht der Totalverlust. Das eingesetzte Kapital ist häufig verloren und das unternehmerische Dasein wird durch die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters ersetzt.
Restrukturierung/Sanierung
Die Restrukturierung bzw. Sanierung des betroffenen Unternehmens bzw. der betroffenen Unternehmensgruppe kann unterschiedliche Ziele und Prozessstadien haben. Die Zielsetzung und der beabsichtigte Prozess werden in der Regel gemeinsam mit einer detaillierten Abrede zu gegenseitigen Verpflichtungen in einer Restrukturierungsvereinbarung festgehalten.7 Diese bildet die Grundlage für das weitere gemeinsame Vorgehen. Parteien dieses Vertrags sind neben Kreditgebern und Kreditnehmern die Gesellschafter und derjenige Dritte, welcher als Bevollmächtigter und/oder Treuhänder8 für die Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen wesentlich verantwortlich sein wird.
Als Ziel steht schnell der Erhalt des Unternehmens fest. Hierauf können sich die Parteien einigen, denn dieses Ziel folgt der Unternehmertradition der Gesellschafter – man erhält ihr Werk – und den Rückzahlungsinteressen der Kreditgeber – der Schuldner bleibt erhalten und seine Schuldentragfähigkeit und Zukunftssicherheit wird erhöht. Weniger schnell einigt man sich auf die Maßnahmen, mit welchen man das gemeinsame Ziel erreichen will. Die Gesellschafter haben in der Regel das Interesse, auch nach einer Restrukturierung noch Gesellschafter zu sein, auch wenn sie sich mit der Einflussnahme eines Hinzutretenden abfinden müssen. Schon hier kann es zu Differenzen mit den Banken kommen, denn für diese steht die personelle Kontinuität nicht im Vordergrund. Teilweise ist sie sogar ausdrücklich nicht gewünscht. Dies ist meist bei Unternehmen der Fall, für welche die wirtschaftliche Schieflage keine Premiere ist. In solchen Konstellationen ist das Vertrauen in die Führungs- und Lenkungsfähigkeiten der Gesellschafter regelmäßig schwer erschüttert; man sieht einen Gesellschafterwechsel als einen – oft elementaren – Bestandteil der Restrukturierung an.
Die Maßnahmen zur Restrukturierung können so vielfältig wie das wirtschaftliche Universum selbst sein. Zunächst wird es, meist auf Basis eines Sanierungsgutachtens, eine Reihe operativer Maßnahmen geben. Diese können beispielsweise Kostenreduktionsmaßnahmen, Produktinitiativen, Internationalisierung, Kompetenz-Fertigungstiefenreduktion sein.9 Die Umsetzung dieser Maßnahmen obliegt nur in Teilen dem Bevollmächtigten oder Treuhänder. Im operativen Bereich wird die Trennung zwischen Gesellschafts- und Gesellschafterebene schon aufgrund gesetzlicher Kompetenzzuordnung eingehalten. Die Maßnahmen werden häufig von einem Chief Restructuring Officer verantwortlich umgesetzt.
Neben den operativen Maßnahmen kommen solche, die der Finanzierung und ggf. Kompetenzerweiterung des Unternehmens dienen, in Betracht. Im Kern geht es in diesem Bereich um Kapitalmaßnahmen, denn nur wenige der operativen Maßnahmen werden sich ohne neue Finanzierungsmittel umsetzen lassen. Zum Sortiment dieser Maßnahmen gehören insbesondere die Einwerbung von Eigen- und Fremdkapital. Im Bereich des Fremdkapitals stehen eine Vielzahl von Instrumenten zur Verfügung, welche sich durch ihre Risikoposition und die Möglichkeit zur Eigenkapitalwandlung grundlegend unterscheiden.10 Teilweise als ultima ratio, aber teilweise auch als klares Ziel der Restrukturierung kommt selbstverständlich auch die Veräußerung des Unternehmens selbst in Betracht. Diese kann umfassend oder partiell sein. Sie kann parallel zu einer Veräußerung der Unternehmensfinanzierung durch die Banken geschehen oder hiervon vollkommen unabhängig. Außerdem kann sie in Kombination mit einer Kapitalerhöhung oder losgelöst hiervon erfolgen. Ohne begleitende Kapitalmaßnahmen,welche die Position des Unternehmens stärken, erscheint die isolierte Veräußerung jedoch nur bedingt zielführend.11
Sicherungsmaßnahmen
Die von Kreditgebern regelmäßig geforderten und im Markt üblichen Sicherungsmaßnahmen im Hinblick auf anstehende Sanierungsmaßnahmen sehen häufig eine Kombination aus verschiedenen Komponenten
vor.
Bevollmächtigung
Die Bevollmächtigung eines Dritten ist der geringste Eingriff in die Rechte der Gesellschafter des betroffenen Unternehmens. Wie auch im Falle anderer Sicherungsmaßnahmen handelt es sich nicht um eine feststehende Vereinbarung, vielmehr wird sie den individuellen Bedürfnissen des Einzelfalls entsprechend konzipiert. Die Verhandlungsposition der Parteien spielt, wie bei der Ausgestaltung der Treuhand auch, eine entscheidende Rolle.
Die Bevollmächtigung erfolgt nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen der §§ 164ff. BGB. Inhaltlich ist sie regelmäßig auf Handlungen beschränkt, welche dem in der Restrukturierungsvereinbarung niedergelegten Ziel und Prozess dienen. Dies beinhaltet meist die Mandatierung eines M&A-Beraters oder einer Investmentbank zur Planung und Durchführung der Finanzierungsmaßnahmen sowie die weitere Abstimmung mit diesem Berater, soweit sie nicht der Gesellschaft selbst obliegt. Konsequenterweise wird die Vollmacht auch die Beschlussfassung beinhalten, welche zur rechtlichen Umsetzung der Maßnahmen erforderlich ist. Hierzu gehören die Einberufung und die Teilnahme an Gesellschafterversammlungen und die Ausübung der Stimmrechte. Die Vollmacht endet mit Abschluss des Restrukturierungsprozesses, nach Vereinbarung der Parteien oder mit vollständiger Rückzahlung an die Kreditnehmer.
Steuerlich wichtig ist, dass die Stimmrechte grundsätzlich bei den Gesellschaftern verbleiben. Der Bevollmächtigte darf nur die Maßnahmen ergreifen, für welche ihm ausdrücklich Vollmacht erteilt wurde.
Treuhand
Bei der vereinbarten Treuhand handelt es sich regelmäßig um eine sogenannte Doppeltreuhand. Der Treuhänder ist nicht nur im Interesse einer Partei tätig, er hält das Treugut sowohl für den Treugeber als auch für dessen Gläubiger.12 Das Ziel der Treuhand kann variieren bzw. sich im Laufe der Treuhand von einer Verwaltungstreuhand zu einer Verwertungstreuhand ändern. Die Treuhandvereinbarung sieht bereits von Beginn an beide Möglichkeiten vor. Der Zweckwechsel ist Bestandteil der Geschäftsbesorgung des Treuhänders und üblicherweise auch in der Restrukturierungsvereinbarung festgelegt. Bei der klassischen Verwaltungstreuhand liegt ein Vertragsverhältnis zwischen Treugeber und Treuhänder vor. Der Treuhänder hält das Treugut für Rechnung des Treugebers.13 Er kann jederzeit Herausgabe des Treuguts verlangen, § 667 BGB. Bei der Doppeltreuhand besteht ein Dreipersonenverhältnis, die Kreditgeber als Begünstigte treten hinzu.14 Die Treuhand soll zwei Szenarien abdecken.Werden die Kreditgeber befriedigt, wird das Treugut an den Treugeber zurück übertragen, es liegt eine Verwaltungstreuhand vor. Tritt jedoch der Sicherungsfall ein, wird dasTreugut im Rahmen einer Verwertungstreuhand verwertet.
Für den Treuhänder beinhaltet die Treuhand meist sehr weitgehende Rechte. Es gibt keine festen Regeln, die Ausgestaltung obliegt dem Geschick und der Verhandlungsmacht der Beteiligten. Die Treuhänderin ist berechtigt, vorbehaltlich der Regelungen des Treuhandvertrags, alle sich aus dem Treugut ergebenden Rechte weisungsfrei auszuüben. Sie darf auch Beschlüsse in den Gesellschafterversammlungen des Unternehmens fassen.
Mit Abschluss des Treuhandvertrages haben die Treugeber von den ihnen aus den Geschäftsanteilen zustehenden zentralen strategischen Weisungsrechten Gebrauch gemacht. Durch Erteilung des Treuhandauftrages stimmen die Treugeber bereits der Vornahme von Restrukturierungsmaßnahmen sowie der ganzen oder teilweisen Verwertung des Treugutes zu. Allerdings bedürfen insbesondere Grundlagengeschäfte, die nicht primär der Umsetzung des Treuhandzweckes dienen, weiterhin der Zustimmung der Treugeber. Etwaige Änderungen oder Anpassungen des Restrukturierungskonzeptes, welche implizit auch den Gegenstand der Treuhand ändern, bedürfen üblicherweise der Zustimmung der Parteien des Treuhandvertrages.15
Verwertung
Die Restrukturierung kann von Beginn an (auch) das Ziel der Verwertung des Treuguts haben. Häufig ist die Verwertung jedoch Konsequenz der Einsicht, dass eine rein operative Restrukturierung nicht gelingt. Diese Einsicht reift vielfach nicht vor der Restrukturierung, sondern nur langsam während ihres Fortgangs.
Die Verwertung erfolgt meist im Rahmen eines strukturierten M&A-Prozesses. Auch wenn der aktuelle Markt für Unternehmensakquisitionen seit Jahren als „Verkäufermarkt“ bezeichnet wird, ist die Veräußerung eines Krisenunternehmens, insbesondere in einigen Branchen, kein Selbstläufer. Häufig müssen Erwartungen der Gesellschafter oder Treugeber noch einmal den tatsächlichen Marktverhältnissen angepasst werden.
Wirtschaftliches Eigentum
Für die detaillierte steuerliche Analyse muss die Frage beantwortet werden, ob die Sicherungs- und Verwertungsmaßnahmen zu einer steuerlichen Übertragung des Treuguts vom Treugeber auf den Treuhänder,
den Begünstigten oder einen Dritten führen.
Die zivilrechtliche Zuordnung des Treuguts ist hierbei nicht schwierig. Im Falle der Bevollmächtigung bleibt das zivilrechtliche Eigentum beim Treugeber. Die Befugnisse des Treuhänders sind schuldrechtlicher Natur und schränken den Treugeber nur im Rahmender Vollmacht ein.16 Für steuerliche Zwecke kann die Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO maßgeblich sein. Grundlegend zu unterscheiden sind Beteiligungen an Mitunternehmerschaften und Körperschaften. Entscheidend ist nicht das Vorliegen einer Personengesellschaft im zivilrechtlichen Sinn, sondern einer Mitunternehmerschaft im ertragsteuerlichen Sinn.17
Mitunternehmerschaft
a) Maßgeblichkeit des ertragsteuerlichen Begriffs des Mitunternehmers
Mitunternehmer ist, wer Mitunternehmerinitiative entfalten kann und Mitunternehmerrisiko trägt.18 Nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG müssen Mitunternehmer nicht in einem zivilrechtlichen Gesellschaftsverhältnis einer Außen- oder Innengesellschaft, sondern lediglich in einem wirtschaftlich vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnis zueinander stehen.19 Mitunternehmer, die zivilrechtlich nicht Gesellschafter einer Personengesellschaft sind, werden einkommensteuerlich den beteiligten Gesellschaftern gleichgestellt.
Dies gilt auch bewertungsrechtlich, § 97Abs. 1S. 1 Nr. 5 BewG. Schenkungsteuerlich sollte die Begründung eines Treuhandverhältnisses demnach zumindest dann nachsteuerunschädlich sein, wenn der Treugeber Mitunternehmer und somit einkommensteuerliches Zurechnungssubjekt bleibt.20
b) Treugeber als Mitunternehmer
Vorwegnehmend kann – nicht überraschend – festgehalten werden, dass das einkommensteuerliche Zurechnungssubjekt für die Einkünfte aus der Mitunternehmerschaft der Treugeber ist.21 Der Treuhänder übt als Gesellschafter die Gesellschafterrechte zwar im eigenen Namen, aber im Innenverhältnis gem. §§ 675, 665 BGB nach Weisung des Treugebers und ausschließlich auf dessen Rechnung aus.22 Erforderlich ist dazu, dass
- der Treuhänder als Gesellschafter eine Rechtsstellung innehat, die ihn als Mitunternehmer erscheinen ließe,23 wenn er auf eigene Rechnung handelte; fehlt es hieran, ist auch der Treugeber nicht Mitunternehmer24 (die Befugnisse des Treuhänders spiegeln insoweit die Position des Treugebers),
- das Treuhandverhältnis steuerlich anzuerkennen ist25 und
- dem Treugeber aufgrund des Treuhandverhältnisses sowie sonstiger Abreden (z. B. Vollmacht) die Mitunternehmerstellung vermittelt wird.26
Die zivilrechtliche Stellung des Treuhänders als Gesellschafter wird steuerrechtlich dem Treugeber zugerechnet, soweit der Treuhänder für Rechnung des Treugebers beteiligt ist.27 Der Treuhänder ist daneben als Gesellschafter selbst Mitunternehmer, soweit er auf eigene Rechnung Mitunternehmerrisiko trägt und -initiative entfaltet.
c) Mitunternehmerrisiko
Mitunternehmerrisiko bedeutet gesellschaftsrechtliche oder wirtschaftlich vergleichbare Teilhabe am Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens. Dieses Risiko wird regelmäßig durch die Beteiligung am Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven des Anlagevermögens einschließlich des Geschäftswerts vermittelt.28 Die Treuhand schränkt die wirtschaftliche Situation, insbesondere die Beteiligung an Chancen und Risiken der Treugeber nur unerheblich ein. Die Regelungen zur Erlösverteilung in der Treuhand- und/oder Restrukturierungsvereinbarung stellen die Treugeber ans Ende des „Wasserfalls“. Sie erhalten nur dann Gewinn- bzw. Verwertungserlöse, wenn die Fremdgläubiger befriedigt sind. Diese Rangstelle ist jedoch keine Einschränkung für einen Gesellschafter, sie entspricht vielmehr seiner gesetzlichen Stellung als Eigentümer. Sollte es zu Wertsteigerungen oder laufenden Erlösen kommen, welche über die Ansprüche der Fremdgläubiger hinausgehen, so ist die Beteiligung der Treugeber hieran nicht eingeschränkt.29
d) Mituntemehmerinitiative
Mitunternehmerinitiative bedeutet Teilhabe an unternehmerischen Entscheidungen. Zumindest die Rechte im Umfang der Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechte eines Kommanditisten nach den Regelungen des HGB oder der gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechte nach § 716 Abs. 1 BGB sollen dem Mitunternehmer zustehen.30 Wie bereits ausgeführt, vermittelt die Treuhand grundsätzlich die Stellung und Befugnisse der Treugeber. Sie haben im Treuhandvertrag Anweisung in Bezug auf die Rechte und Pflichten des Treuhänders gegeben. Will der Treuhänder sich außerhalb dieser wirksamen Abrede bewegen, so bedarf dies der Zustimmung der Treugeber.31 Die Mitunternehmerinitiative mag eingeschränkt sein. Im Rahmen der typisierenden Qualifikation des Mitunternehmers ist die ungleiche Ausprägung der beiden Merkmale jedoch weder ungewöhnlich noch schädlich; solange keines der beiden Mitunternehmerkriterien vollständig ausfällt.32
Körperschaft
Handelt es sich bei dem Treugut um Anteile an einer Kapitalgesellschaft, so kommen die durch die Rechtsprechung entwickelten Anwendungsgrundsätze zum § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zur Anwendung.33 Wirtschaftlicher Eigentümer soll abweichend vom zivilrechtlichen Eigentümer derjenige sein, der
- aufgrund eines Rechtsgeschäfts eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb der Anteile gerichtete Rechtsposition erlangt hat, welche ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann,
- die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Befugnisse (Verwaltungs- und Vermögensrechte) und
- das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind.34
Maßgeblich soll das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse und insbesondere des Verhältnisses zwischen dem zivilrechtlichen und dem vermeintlichen wirtschaftlichen Eigentümer sein.35 In Einzelfällen kann es auch gerechtfertigt sein, das Treugut demjenigen zuzuordnen, der die genannten Kriterien nicht vollständig erfüllt.36 Wie bereits mehrfach erwähnt, gibt es keine detaillierten Standards für die Ausgestaltung von Vollmacht und Treuhand. Nach allen praktischen Erfahrungen lässt sich jedoch feststellen, dass die Position des wirtschaftlichen Eigentümers für einen Bevollmächtigten oder Treuhänder nicht angestrebt wird. Er wird stets seine Position als Geschäftsbesorger betonen, schon um Aufwendungen aus der Geschäftsbesorgung erstattet zu bekommen. Auch soll die Treuhand nicht mit Haftungsrisiken belastet werden.
Die Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums scheitert meist eindeutig an den wirtschaftlichen Kriterien. Weder der Bevollmächtigte noch der Treuhänder werden sich am Risiko einer Wertminderung beteiligen. Auch wenn die Restrukturierungs- und die Treuhandvereinbarung für den Fall einer positiven Restrukturierung oft ein Erfolgshonorar neben der Regelvergütung vorsehen, wird man kaum von einer Beteiligung an der Wertsteigerung sprechen können. Erlöse, welche nicht zur Deckung der Kosten und Befriedigung der Gläubiger erforderlich sind, stehen den (bisherigen) Gesellschaftern zu.
An Letzterem wird auch regelmäßig eine wirtschaftliche Zuordnung des Treuguts zu den Begünstigten der Treuhand scheitern. Die Doppelnützigkeit der Treuhand ließe durchaus eine Verteilung der Befugnisse zu, welche den Kreditgebern eine hinreichend starke Position einräumte. Wirtschaftlich wird die Beteiligung jedoch nur dann die genannten Kriterien erfüllen können, wenn das Engagement schon „tief im Wasser“ ist, es also absehbar ist, dass eine vollständige Befriedigung der Kreditgeber nicht realistisch ist. Dann ist es denkbar, dass die Wertsteuerungen oder Wertminderungen wirtschaftlich unmittelbar die Kreditgeber treffen.
Zwischenergebnis
Als Zwischenergebnis soll festgehalten werden, dass die im Markt üblichen Vollmachten und Treuhandvereinbarungen nicht zu einer Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums am Treugut führen sollten. Der Treuhänder sollte nicht die Position eines Mitunternehmers einnehmen.
Verlustuntergang
Die Vereinbarung einer doppelnützigen Treuhand beinhaltet die zivilrechtliche Übertragung des Treuguts. Bei Unternehmensanteilen kommt es zu einem Anteilseignerwechsel, welcher gem. § 8c KStG für vorhandene Verlustvorträge schädlich sein kann. Schon bei der Bevollmächtigung sollte eine eventuell schädliche Übertragung von Stimmrechten im Blick behalten werden.
Grundtatbestand
Das wirtschaftliche Eigentum bzw. die Mitunternehmerstellung sollen auch bei Vereinbarung einer doppelnützigen Treuhand beim Treugeber verbleiben.37 Die zivilrechtliche Übertragung der Anteile auf den Treuhänder ist ertragsteuerlich unbeachtlich, solange das wirtschaftliche Eigentum nicht übergeht.38 Diese Ansicht vertritt auch die Finanzverwaltung.39 Die Regelung des § 8c Abs. 1 KStG, wonach eine Übertragung von mehr als 50% der Anteile einer Körperschaft innerhalb von fünf Jahren an einen Erwerber zum Untergang der Verlustvorträge dieser Körperschaft führt, dürfte nicht einschlägig sein. Bei Verwertung durch einen Investor stellt sich die Situation natürlich anders dar. Das Treugut wird ohne Einschränkungen auf einen Erwerber übertragen. Ein schädlicher Anteilseignerwechsel wird sich, zumindest grundsätzlich, nicht vermeiden lassen. Hier müssen die Ausnahmetatbestände in Betracht gezogen werden.
Ersatztatbestande
Einschlägiger Ersatztatbestand kann die Übertragung von Stimmrechten sein. Die Betrachtung soll vorliegend unabhängig von der Frage erfolgen, ob und inwieweit eine Übertragung von Stimmrechten zulässig ist. Zumindest bei Kapitalgesellschaften geht die h.M. Davon aus, dass eine isolierte Übertragung bei Kapitalgesellschaften40 und Personengesellschaften41 nicht zulässig sein soll (Abspaltungsverbot). Bei der Vollmacht werden die Stimmrechte nicht auf den Bevollmächtigten übertragen. Er übt diese lediglich in eigenem Namen, jedoch für Rechnung der Vollmachtgeber aus. Für die Gesellschafter stellt die Vollmacht sicherlich eine Einschränkung ihrer zuvor unbegrenzten Stellung dar. Jedoch haben sie rechtlich die Möglichkeit, die Vollmacht zu beenden. Selbst ohne Beendigung stehen ihnen die Stimmrechte grundsätzlich zu; im Konfliktfall sollten sie die dominierende Position einnehmen können. Dies kann freilich zur Folge haben, dass die Kreditgeber hierauf negativ reagieren könnten.
Im Falle der Treuhand gehen, dem Abspaltungsverbot folgend, die Stimmrechte auf den Treuhänder über. Er ist bei der Ausübung der Stimmrechte durch die Restrukturierungsvereinbarung und Treuhandvertrag
schuldrechtlich eingeschränkt. Gesellschaftsrechtlich greifen diese Einschränkungen jedoch nicht.42 Die Einflussnahme durch den Treugeber ist gesellschaftsrechtlich kein Innehaben des Stimmrechts, es kann als Stimmrechtsvollmacht verstanden werden.43 Gehen die Stimmrechte auf den Treuhänder über, kann ein schädlicher Anteilseignerwechsel i. S. d. § 8c Abs. 1 KStG vorliegen. Der Grundtatbestand und die verschiedenen Ersatztatbestände können nebeneinander vorliegen. Ist dies der Fall, soll derjenige Tatbestand maßgeblich sein, der die weitestgehende Anwendung des § 8c KStG erlaubt.44 Das BMF schweigt zu der Frage, ob ein Erwerbstatbestand einen anderen verdrängen kann, wenn diese beiden nicht gleichgerichtet sind. Bei der Treuhand bleiben die Anteile wirtschaftlich beim Treugeber, rechtlich gehen sie aber – unschädlich – über. Die Parteien wollen auch für das Stimmrecht keine abweichende Vereinbarung treffen. Da das deutsche Gesellschaftsrecht jedoch eine Trennung nicht vorsieht, ist Vorsicht geboten; eine Klarstellung durch das BMF wäre notwendig. Verschiedene Finanzverwaltungen sehen sich glücklicherweise in der Lage, die Unsicherheit zu Gunsten der Betroffenen durch eine verbindliche Auskunft zu beseitigen.
Kommt es im Rahmen der Restrukturierung zu einer Kapitalerhöhung und in deren Folge zu einer Anteilsverschiebung in der Art, dass ein Investor mehr als 50% des Gesamtkapitals (nach Kapitalerhöhung) hält, kann ebenfalls ein schädlicher Anteilseignerwechsel vorliegen.45 Gleiches gilt, wenn eine Transaktionsstruktur unter Einbeziehung sowohl einer Kapitalerhöhung als auch einer Veräußerung der bestehenden Anteile zu einer Übertragung von mindestens 50% der Anteile auf einen Erwerber, eine Gruppe von Erwerbern oder einen Erwerber und ihm Nahestehende kommt.46
Ausnahmeregelungen
Findet ein schädlicher Anteilseignerwechsel wie zuvor beschrieben statt, gehen die Verlustvorträge unter, wenn nicht eine Ausnahmeregelung bei Fortführung des Unternehmens (§ 8d KStG) oder in einer Sanierungssituation (§ 8c Abs. 1a KStG) einschlägig ist. Dies ist ganz wesentlich von den Intentionen des Investors abhängig.
Die sogenannte Sanierungsklausel des § 8c Abs. 1a KStG wurde von Gesetzgeber Ende 2018 wieder ins Leben gerufen.47 Es handelt sich um eine Ausnahme zur allgemeinen Vorschrift des Abs. 1 S. 1. Die Regelung ordnet an, dass Verluste dann nicht untergehen sollen, wenn die Anteile „zum Zweck der Sanierung des Geschäftsbetriebs der Körperschaft“ erworben werden. Die Sanierungsabsicht soll sich dadurch manifestieren, dass innerhalb eines Zeitraums von einem Jahr nach Erwerb die qualifizierenden Sanierungsmaßnahmen in einem Sanierungskonzept dargestellt werden oder bereits mit deren Umsetzung begonnen wurde. Für Konzerne ist wichtig, dass sich das Sanierungskonzept bzw. die Sanierungsmaßnahmen auf die einzelnen Konzerngesellschaften beziehen, deren Verlustvorträge zu erhalten sind. Es findet also eine gesellschaftsbezogene Sichtweise Anwendung.48 Das Sanierungskonzept sollte darstellen, dass die Gesellschaft(en) sanierungsbedürftig, sanierungsfähig und sanierungsgeeignet sind.
Zum Erhalt der Verlustvorträge müssen die wesentlichen Betriebsstrukturen erhalten werden. Dies setzt die Erfüllung eines der drei folgenden Kriterien voraus.
- Die Körperschaft befolgt eine geschlossene Betriebsvereinbarung mit einer Arbeitsplatzregelung. Die Vereinbarung, welche zwingend eine Arbeitsplatzregelung enthalten muss, kann auch vor dem Beteiligungserwerb geschlossen werden. Häufig wird ein Investor/Erwerber jedoch in diesen Prozess einbezogen sein, denn er wird die Wirkungen der Vereinbarung tragen.
- Die Summe der maßgebenden jährlichen Lohnsummen der Körperschaft innerhalb von fünf Jahren nach dem Beteiligungserwerb unterschreitet 400 Prozent der Ausgangslohnsumme nicht. Die Regelung beinhaltet außerdem Verweise in die gleichgerichteten Regelungen des ErbStG, welche jedoch nicht mehr aktuell sind.49 Es sollte nunmehr auf § 13a Abs. 3 ErbStG verwiesen werden, jedoch nicht auf die Sätze 1–13. Die Beschäftigten nachgelagerter Gesellschaften sind nicht in die Bemessung einzubeziehen.50
- Der Körperschaft ist durch Einlagen wesentliches Betriebsvermögen zugeführt worden. Eine wesentliche Betriebsvermögenszuführung liegt vor, wenn der Körperschaft innerhalb von zwölf Monaten nach dem Beteiligungserwerb neues Betriebsvermögen zugeführt wird, das mindestens 25 Prozent des in der Steuerbilanz zum Schluss des vorangehenden Wirtschaftsjahrs enthaltenen Aktivvermögens entspricht.
Der Erlass von Verbindlichkeiten durch den Erwerber oder eine diesem nahestehende Person steht der Zuführung neuen Betriebsvermögens gleich. Die Anknüpfung an die Leistung durch den Erwerber ist zu beachten. Sanierungsbeiträge durch Kreditgeber bedürfen einer Strukturierung, sodass sie eventuell zugunsten der Quote gezählt warden können. Leistungen der Kapitalgesellschaft, die innerhalb von drei Jahren nach der Zuführung des neuen Betriebsvermögens erfolgen, mindern den Wert des zugeführten Betriebsvermögens.
Grunderwerbsteuer
Hinsichtlich des Abschlusses der Vollmacht könnte allenfalls dann Grunderwerbsteuer ausgelöst sein, wenn man in der Bestellung der Vollmacht (i) die Übertragung wirtschaftlichen Eigentums oder (ii) die Einräumung der Verwertungsbefugnis (§ 1 Abs. 2 GrEStG) sehen würde. Es ist in der Literatur hoch umstritten, ob und in welcher Art und Weise die Grundsätze des wirtschaftlichen Eigentums – also eine steuerliche Eigentumszuordnung abweichend von der zivilrechtlichen Eigentumszuordnung – überhaupt anwendbar ist.
Der BFH hat sich in den vergangenen Jahren hierzu in verschiedenen Entscheidungen geäußert und die Anwendbarkeit der Grundsätze des wirtschaftlichen Eigentums für möglich erachtet.51 Allerdings erfordert die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an Anteilen an Kapitalgesellschaften die Einräumung einer gesellschaftergleichen Position.52 Aus den dargestellten Gründen sollte wirtschaftliches Eigentum weder mit Erteilung der Vollmacht noch mit Abschluss der Treuhand auf den Bevollmächtigten bzw. den Treuhänder übergehen.
Der Eigentumsübergang eines Grundstücks vom Treugeber auf den Treuhänder und umgekehrt löst jedoch unabhängig vom wirtschaftlichen Gehalt des Vorgangs Grunderwerbsteuer aus, da die in § 1 GrEStG normierten Besteuerungstatbestände an das bürgerliche Recht anknüpfen.53 Grunderwerbsteuer würde demnach ausgelöst, wenn Anteile an einer grundbesitzhaltenden Gesellschaft54 zu mindestens 95% (aktuelle Rechtslage) bzw. 90% (Rechtslage ab 1.1.2020) übertragen werden.55
Der Begriff der Übertragung ist grundsätzlich zivilrechtlich zu verstehen. Es kommt also auf die Eigentumsübertragung bzw. den Anspruch auf Eigentumsverschaffung an. Einer Übertragung der Anteile steht gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG die Begründung des Anspruchs auf Übertragung gleich.
Grunderwerbsteuerliche Folgen werden bei einer Treuhand meist durch eine Teilübertragung vermieden. Der Treuhänder übernimmt lediglich weniger als 95% bzw. 90% der Anteile und somit wird, zumindest bei Kapitalgesellschaften, die Tatbestandserfüllung vermieden. Die Kreditgeber verlangen regelmäßig eine Option zu Gunsten des Treuhänders in Bezug auf die beim Treugeber verbleibenden Anteile. Dies soll ihren Sicherungsinteressen dienen. Übt der Treuhänder die Option aus und veräußert er die Anteile anschließend an einen Erwerber, würde zweimal Grunderwerbsteuer ausgelöst.
Diese Option wird häufig als „dingliche“ Option bezeichnet. Eine dingliche Option ist auf die Verschaffung des Eigentums gerichtet, nicht zunächst auf den Abschluss einer schuldrechtlichen Vereinbarung zur Übertragung (mit anschließender Übereignung).56 Handelt es sich tatsächlich um eine dingliche Option, verschafft sie dem Treuhänder die Möglichkeit, unmittelbar die Eigentumsübertragung herbeizuführen. Daher kann es sich bei der Option um einen potentiell steuerschädlichen Übertragungsanspruch im Sinne von § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. Nr.3 GrESt Ghandeln. Die Einräumung des Anspruchs auf Übertragung wird einer Anteilsübertragung selbst gleichgestellt.
Durch Kombination der tatsächlichen Übertragung der Anteile und Einräumung eines (schädlichen) Anspruchs auf Übertragung der verbleibenden Anteile käme es zu einer insgesamt schädlichen Anteilsübertragung.
Es kann argumentiert werden, dass es sich bei der Option um ein aufschiebend bedingtes Geschäft handelt. Auf Basis des § 14 GrEStG wird argumentiert, dass erst bei Ausübung der Option der Steuertatbestand erfüllt wird. So deutlich wird dies jedoch nur für den Fall vertreten, dass das gesamte Rechtsgeschäft (einschließlich Verpflichtungsgeschäft) vom Bedingungseintritt abhängen soll.57 Eine Lösungsmöglichkeit liegt in einer Erwerbsoption, welche lediglich die Übertragung an einen Investor oder einen vom Investor zu benennenden Dritten ermöglicht. Es soll ausgeschlossen sein, dass eine Übertragung an den Treuhänder erfolgt. Dem Treuhänder steht mithin kein eigener (unbedingter) Anspruch auf Übertragung des bedingten Treuguts zu. Es ist jedoch zuzugeben, dass auch hier eine Restunsicherheit nicht auszuschließen ist.
Alternativ kann die Bedingung als ein unsicheres zukünftiges Ereignis, welche nicht allein vom Willen einer Partei abhängig ist, ausgestaltet werden. Dann sollte eine aufschiebende Bedingung i. S. d. § 158 Abs. 1 BGB vorliegen und Grunderwerbsteuer erst bei Bedingungseintritt ausgelöst werden. Allerdings kommen die Kreditgeber nicht immer mit dem Konzept des „unsicheren“ zukünftigen Ereignisses klar. Hier ist etwas guter Wille und Gestaltungsfantasie nötig.
Erbschaft-/Schenkungsteuer
Ist der Vollmacht oder Treuhand eine Übertragung des Treuguts unter Nutzung erbschaftsteuerlicher Begünstigungen vorangegangen, so sind auch die einschlägigen Haltefristen zu beachten. Es stellt sich die Frage, ob der Abschluss des Treuhandvertrags und/oder die Übertragung der Anteile eine „Veräußerung“ i. S. d. § 13a Abs. 5 S. 1 Nr. 1 ErbStG a.F. darstellen. Es ist umstritten, ob das Konzept des rechtlichen oder des wirtschaftlichen Eigentums maßgeblich ist. Detaillierte einschlägige Auseinandersetzungen hierzu sind weder der Fachliteratur noch der Rechtsprechung zu entnehmen.
In der Literatur wird häufig und ohne Auseinandersetzung davon ausgegangen, dass es ausschließlich auf die Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums an den von der Haltefrist betroffenen Vermögensgegenständen ankommt.58 Begründet wird diese Ansicht durch den formellen Charakter der Erbschaftsteuer, welche in ihren Steuertatbeständen grundsätzlich auf zivilrechtliche Sachverhalte abstellt.59 Es ist jedoch durchaus vertretbar, das Konzept des wirtschaftlichen Eigentums für die Beantwortung der Frage, ob die erbschaftsteuerlichen Haltefristen eingehalten wurden, anzuwenden. In diesem Fall wäre entscheidend, ob die Treugeber wirtschaftliche Eigentümer des Treuguts bleiben.
Der Verschonungsabschlag und der Abzugsbetrag fallen mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit der Erwerber innerhalb der Behaltensfrist einen Gewerbebetrieb oder einen Teilbetrieb i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 3 EStG veräußert (gekürzt § 13a Abs. 5 S. 1 Nr. 1 ErbStG a.F.). Der angesprochene und von der Behaltensfrist erfasste Gewerbebetrieb oder Teilbetrieb deckt sich mit dem Betrieb, für dessen Betriebsvermögen ein Verschonungsabschlag oder ein Abzugsbetrag nach Abs. 1 bzw. 2 der Vorschrift gewährt wurde (§ 13a Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 13b Abs. 4 und Abs. 1 Nr. 2 ErbStG a.F.).
Für die Beantwortung der Frage, was zu diesem begünstigten Betriebsvermögen gehört und welche die begünstigten Betriebe und/oder Teilbetriebe sind, ist nach Ansicht der Rechtsprechung auf ertragsteuerliche Konzepte wegen des eindeutigen Verweises zurückzugreifen.60 Der Begriff „Gesellschaft“ i. S. d. § 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 S. 1 BewG ist nicht zivilrechtlich, sondern ertragsteuerlich zu verstehen, wie sich aus der Verweisung auf § 15 Abs. 1S. 1 Nr. 2 EStG ergibt.
Im Falle der Treuhand wird zivilrechtliches Eigentum übertragen. Die Finanzverwaltung kann sich auf die gesetzliche Vermutung stützen. Die Gegenargumentation muss auf Basis der Treuhandvereinbarung und deren Ausübung erfolgen.
Sollte die Argumentation zu Gunsten der Anwendung ertragsteuerlicher Konzepte – und somit der Maßgeblichkeit wirtschaftlichen Eigentums – durchschlagen, sollten diese Grundsätze auch auf die Zuordnung der Anteile an Kapitalgesellschaften Anwendung finden. Die diesbezügliche fachliche Auseinandersetzung ist jedoch noch dünner, sodass diesbezüglich ein Risiko angenommen werden muss. Weiterhin muss noch klargestellt werden, dass die Finanzverwaltung das Konzept des wirtschaftlichen Eigentums für Zwecke der Erbschaftsteuer durchaus ablehnen kann. Unmittelbar einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung liegt nicht vor.
Käme es zu einer Anwendung rein formaler Kriterien, wäre die Verletzung der erbschaftsteuerlichen Haltefristen bei Einräumung der Treuhand kaum zu vermeiden. Für die Bevollmächtigung wäre die formelle
Betrachtungsweise jedoch vorteilhaft.
Fazit
- Es gibt keine detaillierten Standards, wie Sanierungsmaßnahmen und deren Sicherung zugunsten von Kreditgebern abzusichern sind. Die Vollmacht und Treuhand sind jedoch gängige Instrumente.
- Bei Gestaltung der Vollmacht bzw. Treuhand ist darauf zu achten, dass die wirtschaftliche Position der Gesellschafter nicht unnötig eingeschränkt wird. Die steuerlichen Unsicherheiten sind zu beachten.
- Auch wenn wirtschaftliches Eigentum regelmäßig bei den Gesellschaftern verbleibt, können Verlustvorträge untergehen, denn die Stimmrechte gehen auf den Treuhänder über.
- Grunderwerbsteuer ist zu vermeiden, denn in Restrukturierungssituationen sind die Mittel knapp. Gestaltungen müssen einen schädlichen Übergang der Anteile auf den Treuhänder vermeiden.
Der Artikel wurde zuerst am 24. Juni 2019 im Betriebs-Berater (Heft 26/2019) veröffentlicht.