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Deutschland | Publikation | Mai 2021
Gerade für schnell wachsende Technologieunternehmen ist die Beteiligung von Mitarbeitern an der Entwicklung des Unternehmenswerts ein wichtiges Instrument im Wettbewerb um internationale Talente. Entsprechende Beteiligungsprogramme zielen darauf ab, positive Anreize zur gemeinsamen Steigerung des Unternehmenswerts zu schaffen und die begünstigten Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden.
Dabei werden die in Deutschland bestehenden Rahmenbedingungen als im internationalen Vergleich ungünstig bewertet, insbesondere weil Mitarbeiterbeteiligungen hierzulande keine weitreichenden steuerlichen Begünstigungen wie z.B. in England, den USA, Frankreich, Irland und Israel erfahren. Im Übrigen lassen sich durch entsprechende Gestaltung aber auch in Deutschland die Anforderungen eine funktionierende Mitarbeiterbeteiligung gut umsetzen.
Die Idealvorstellung und internationale Best Practice für den rechtlichen und steuerlichen Rahmen Mitarbeiterbeteiligungen lässt sich mit den folgenden Hauptanforderungen zusammenfassen:
Bei der Gestaltung von Mitarbeiterbeteiligungen für Startups setzt die bisherige Praxis überwiegend auf sog. VSOPs (virtual stock option program) oder sog. PSPs (phantom stock program), bei dem der Mitarbeiter beim Verkauf des Startups oder einem IPO (d.h. einem sog. Exit) einen Bonus in einer Höhe erhält, als ob er echte Anteile (oder Optionen auf echte Anteile) am Unternehmen halten würde.
Grund für diese Gestaltung als „virtuelle“ und nicht „echte“ Beteiligung ist die zuvor genannte Dry Income Problematik, d.h. eine Besteuerung ohne Liquiditätszufluss.
Mit dem Fondsstandortgesetz wird nun in § 19a Einkommensteuergesetz eine neue „Sondervorschrift für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei Vermögensbeteiligungen“ aufgenommen, mit der gerade echte Mitarbeiterbeteiligungen gefördert werden soll(t)en.
Doch die Neuregelung dürfte in der Startup-Praxis zu keinen wesentlichen Veränderungen führen, da gerade die Dry Income Problematik nur unzureichend gelöst wurde. Die größten Kritikpunkte im Einzelnen:
Im Ergebnis geht daher die gesamte Gründer- und Startup-Szene davon aus, dass Startups und ihre Mitarbeiter von der Neuregelung kaum Gebrauch machen werden. Soweit Startups dennoch die Neuregelung beanspruchen, sollten sie beachten, das eine Haftung für die etwaige Lohnsteuer hiermit einhergeht; außerdem sollte ein begünstigter Mitarbeiter für den Fall eines Dry Income Szenarios ggf. die Möglichkeit bekommen, für die entstehende Steuerlast ein Darlehen mit Laufzeit bis zum Exit zu erhalten.
Die Standard-Mitarbeiterbeteiligung bei Startups in Deutschland wird daher eine virtuelle Beteiligung als VSOP oder Phantom Stock Program bleiben, da diese recht einfach, standardisiert und flexibel gehandhabt werden können und insbesondere kein Dry Income Risiko besteht.
Vereinzelt wird man auch weiterhin echte ESOP-Gestaltungen (d.h. Optionen auf echte Anteile) sehen, die aber aufgrund höherer Komplexität ohne wesentliche Steuervorteile nicht so beliebt sind wie ein VSOP.
Aber auch die Beteiligung von Schlüsselmitarbeitern mittels echter Anteile kann aus verschiedenen Gründen erforderlich werden (insbesondere wenn diese später in der Scale-up Phase des Unternehmens hinzukommen) und bedarf dann teils kreativer Gestaltung. Steuerlich soll mit einer echten Beteiligung regelmäßig erreicht werden, dass der Wertzuwachs der Anteile bis zum Exit im Vergleich zu Arbeitseinkommen begünstigt besteuert werden, und zwar als Einkünfte aus Kapitalvermögen, im Teileinkünfteverfahren (bei Beteiligungen ab 1%) und/oder unter Ausnutzung des sog. Schachtelprivilegs, was gar eine nahezu steuerfreie Reininvestition von Erträgen aus Mitarbeiterbeteiligungen ermöglichen kann.
Bei einer echten Beteiligung sollten Unternehmen aber stets auch deren übrigen Vor- und Nachteile mit beachten. Insbesondere kommen folgende Gestaltungen in Betracht, um das Dry Income Risiko bei Einräumung der Beteiligung auszuschließen oder zu mitigieren und die Nachteile der unmittelbaren Mitsprache (soweit nicht gewünscht) zu adressieren:
Von der Einführung des neuen § 19a EStG sind Kleinstunternehmen sowie kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) begünstigt, deren Gründung nicht mehr als zwölf Jahre zurückliegen. Begünstigte sind daher nur Unternehmen, die weniger als 250 Personen beschäftigen und die entweder einen Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. EUR erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 43 Mio. EUR beläuft. Diese Schwellenwerte dürfen im Zeitpunkt der Übertragung der Vermögensbeteiligung oder im vorangegangenen Kalenderjahr nicht überschritten worden sein.
Es werden nur Vermögensbeteiligungen an Unternehmen gefördert. Hierunter fallen Aktien, Geschäftsanteile an einer GmbH, im 5. VermBG näher definierte Wandel- und Gewinnschuldverschreibungen, Genussscheine und Genussrechte sowie stille Beteiligungen; mittelbare Vermögensbeteiligungen über Personengesellschaften werden ebenfalls gefördert.
Nicht begünstigt sind jegliche Formen von Optionsrechten oder virtuellen Beteiligungen an einem Unternehmen.
Die Vermögensbeteiligung muss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden; Entgeltumwandlungen und andere in § 8 Absatz 4 EStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2020 genannte Sachverhalte sind nicht begünstigt.
Die vorläufige Nichtbesteuerung erfolgt auf Initiative des Arbeitgebers und mit Zustimmung des/der Mitarbeiters /Mitarbeiterin durch Freistellung im Lohnsteuerabzugsverfahren.
Eine Nachholung der vorläufigen Nichtbesteuerung im Rahmen der Veranlagung zur Einkommensteuer ist ausgeschlossen.
Der geldwerte Vorteil aus der unentgeltlichen oder verbilligten Übertragung von Vermögensbeteiligungen unterliegt im Kalenderjahr der Übertragung nicht der Besteuerung nach EStG.
Die auf die unentgeltliche oder verbilligte Übertragung von Vermögensbeteiligungen entfallenden Sozialversicherungsbeiträge sind bereits im Jahr der Ausgabe der Vermögensbeteiligung einzubehalten und abzuführen (häufig nicht relevant soweit über der BBmG).
Die Besteuerung des geldwerten Vorteils erfolgt erst im Zeitpunkt der Veräußerung der Vermögensbeteiligung, spätestens nach zwölf Jahren oder bei einem Arbeitgeberwechsel. Ein Betriebsübergang nach § 613a BGB ist in diesem Zusammenhang keine Beendigung des Dienstverhältnisses.
Wenn seit der Übertragung der Vermögensbeteiligung mindestens drei Jahre vergangen sind, fallen die zu besteuernden Arbeitslöhne unter die Tarifermäßigung für außerordentliche Einkünfte nach § 34 Absatz 1 EStG (sog. Fünftelungsmethode). Die Tarifermäßigung ist bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren anzuwenden.
Die Besteuerung von Ausschüttungen, Zinsen etc. und Veräußerungsgewinnen bzw. -verlusten richtet sich nach § 20 EStG bzw. nach § 17 EStG bei wesentlichen Beteiligungen am Unternehmen (Beteiligung von mindestens 1 %).
Der steuerfreie Höchstbetrag für Vermögensbeteiligungen wird von 360 Euro auf 1.440 Euro p.a. erhöht (§ 3 Nummer 39 Satz 1 EStG) angehoben
Möchte der Arbeitgeber Rechtssicherheit hinsichtlich der lohnsteuerlichen Behandlung im Zeitpunkt der Übertragung der Vermögensbeteiligungen haben, kann er eine Anrufungsauskunft einholen (§ 42e EStG).
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