Um die Präsenz im Betrieb zu erhöhen ist bei vielen Arbeitgebern der Trend zu beobachten, bestehende Regelungen zur Arbeit im Homeoffice neu zu verhandeln. Dabei sind die Interessen der Arbeitgeber an einer Produktivitätssteigerung und der Arbeitnehmer an flexiblen Arbeitsbedingungen in Balance zu bringen. Neben Fragen der Personalführung sind insbesondere rechtliche Hürden zu beachten, wenn Arbeitnehmer aus dem Homeoffice zurück ins Büro geholt werden sollen.
Hintergrund
Während und auch nach Ende der Corona-Pandemie brachte das Homeoffice für Arbeitnehmer unterschiedliche Vorteile mit sich. Hierzu zählen beispielsweise der Wegfall von Pendelzeiten oder die Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Viele Arbeitgeber betonen, dass im Büro arbeitende Beschäftigte engagierter und kreativer seien und sich mehr einbringen könnten. Auch entfalle der informelle Erfahrungsaustausch, soziale Kontakte und gegenseitige Hilfe auf kurzem Wege. Zudem könne die räumliche Trennung von Freizeit und Arbeit für Arbeitnehmer vorteilhafter sein. In diesem Zusammenhang könne beispielsweise das Gemeinschaftserlebnis eines gemeinsamen Arbeitsplatzes das Onboarding vor allem junger Kollegen erleichtern. Nicht zuletzt ließen sich gute Arbeitsbedingungen, wie eine gesundheitsfördernde Ausstattung oder die Einhaltung von Arbeitszeitvorschriften, in Präsenz besser gewährleistet werden. Vor diesem Hintergrund befassen sich Arbeitgeber aktuell vermehrt mit den (rechtlichen) Möglichkeiten einer Erhöhung der Präsenz ihrer Mitarbeiter im Betrieb.
Um möglichen Spannungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern vorbeugend zu begegnen, sollten Arbeitgeber klare und bedarfsgerechte Strukturen für das Arbeiten im Homeoffice schaffen und hierbei den rechtlichen Rahmen einhalten. Insoweit sind insbesondere die nachfolgenden Gesichtspunkte zu berücksichtigen.
Reichweite des Weisungsrechts
Arbeitnehmer haben keinen (gesetzlichen) Anspruch auf Arbeiten im Homeoffice. Arbeitgebern ist es daher grundsätzlich gestattet, die Tätigkeit im Homeoffice durch Weisung einseitig zu beenden, da das Direktionsrecht dem Arbeitgeber grundsätzlich die Bestimmung des Ortes der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen zulässt. Dies gilt im Grundsatz jedenfalls soweit der Arbeitgeber das Arbeiten im Homeoffice nur vorübergehend beispielsweise zur Erfüllung der während der Corona-Pandemie bestehenden Verpflichtung zur Arbeit im Homeoffice gestattet hat.
Wurde die Arbeit im Homeoffice seitens der Arbeitgebers lediglich geduldet, können Arbeitnehmer zur Rückkehr ins Büro aufgefordert werden. Eine entsprechende Weisung muss allerdings nach „billigem Ermessen“ erfolgen und die persönlichen Belange der Arbeitnehmer wie Betreuungsmöglichkeiten oder etwaige Erkrankungen berücksichtigen. Hat ein Arbeitnehmer bereits sehr lange ausschließlich im Homeoffice gearbeitet, kann im Einzelfall eine Ankündigungsfrist geboten sein, da eine überstürzte Rückkehr sich als unbillig und daher rechtlich unzulässig erweisen kann.
Vertragliche Beendigungsmöglichkeiten
Allerdings ist eine Weisung zur Rückkehr ins Büro nicht zulässig, sofern ein anderer Arbeitsort (z.B. das Homeoffice) vertraglich vereinbart wurde oder die Beendigung der Tätigkeit im Homeoffice durch Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung an bestimmte Bedingungen geknüpft ist. Vor Ausübung des Weisungsrechts sind daher zunächst etwaige abgeschlossene Vereinbarungen zu prüfen. Vertragliche Beendigungsmöglichkeiten können sich für Arbeitgeber etwa aus einer Widerrufsklausel oder der Vereinbarung eines Kündigungsrechts ergeben.
Bei der Gestaltung von Widerrufsklauseln ist die Rechtsprechung des BAG zu Widerrufsvorbehalten im Sinne von § 308 Nr. 4 BGB zu berücksichtigen. Ein voraussetzungsloser Widerruf scheidet danach aus, da dies eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen würde. Folglich sind die Gründe für eine Auslösung des Widerrufsrechts in die Klausel aufzunehmen. Denkbare Widerrufsgründe sind etwa die Nichteinhaltung von Datenschutzvorschriften im Homeoffice oder der Missbrauch des Vertrauensverhältnisses, das der Homeofficetätigkeit zu Grunde liegt. Auch sollte vor allem bei Arbeitnehmern, die ausschließlich im Homeoffice arbeiten, eine angemessene Ankündigungsfrist vorgesehen werden.
Des Weiteren bietet es sich an, in der Zusatzvereinbarung über eine Homeofficetätigkeit ein Kündigungsrecht zur Beendigung des Homeoffice zu vereinbaren. So entschied erst kürzlich das LAG Hamm, dass eine vertragliche Abrede über die Kündbarkeit einer Zusatzvereinbarung zum Homeoffice grundsätzlich zulässig sei (LAG Hamm, 16.03.2023 – 18 Sa 832/22). Wurde die Kündbarkeit wirksam vereinbart, muss neben der Kündigung eine Weisung zum neuen Arbeitsort ergehen, welche wiederum billigem Ermessen entsprechen muss.
Soll eine Homeofficetätigkeit zunächst erprobt werden, stellt eine weitere Möglichkeit die Vereinbarung einer Befristung dar, nach deren Ablauf der Arbeitnehmer automatisch wieder zur Arbeit im Betrieb verpflichtet ist.
Fehlen vertragliche Regelungen zur Beendigung der Homeoffice Arbeit, bleibt nur die Möglichkeit des Ausspruchs einer Änderungskündigung, die wiederum voraussetzt, dass die Rückkehr ins Büro zwingend notwendig ist. Die rechtlichen Hürden sind insoweit sehr hoch, weshalb vertragliche Beendigungsmöglichkeiten in jedem Fall vorzuziehen sind.
Mitbestimmungsrechte einhalten
Eine Änderung des Arbeitsorts kann möglicherweise als Versetzung gemäß § 99 BetrVG qualifizieren zu sein, welche die Unterrichtung und Zustimmung des Betriebsrats erfordert. Unter einer Versetzung ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs zu verstehen, die voraussichtlich die Dauer von einem Monat überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Arbeitsumstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist (§ 95 Abs. 3 S. 1 BetrVG). Insoweit soll nach der herrschenden Meinung eine Anordnung zur Rückkehr an den betrieblichen Arbeitsplatz eine zustimmungspflichtige Versetzung darstellen. Hiervon soll jedenfalls auszugehen sein, wenn ein Arbeitnehmer wieder ausschließlich im Büro tätig werden soll. So entschied zumindest das BAG in einem Fall zur Beendigung von alternierender Telearbeit, welche eine ausschließliche Tätigkeit des Arbeitnehmers in der betrieblichen Arbeitsstätte zur Folge haben sollte (BAG, 20.10.2021 – 7 ABR 34/20).
Im Umkehrschluss ließe sich vertreten, dass nur eine geringfügige Erhöhung der Präsenz im Büro nicht als Versetzung zu qualifizieren ist, da sich hier nicht ausschließlich der Arbeitsort, sondern (nur) die zeitliche Verteilung der Arbeitszeit an den unterschiedlichen Arbeitsorten verändert.
Sofern Arbeitgeber bereits geschaffene Regelungen zur Homeoffice Arbeit ändern oder erst einführen möchten, ist ebenfalls an das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 14 BetrVG zu denken. Hierbei obliegt die Entscheidung über die Einführung oder Beendigung (beispielsweise durch Kündigung der entsprechenden Betriebsvereinbarung) einer Homeofficetätigkeit nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats, da es sich insoweit um eine Frage des „Ob“ handelt. Die Frage nach der inhaltlichen Ausgestaltung der Homeoffice oder mobilen Arbeit ist als Teil des „Wie“ allerdings mitbestimmungspflichtig.
Ob dem Betriebsrat auch beim Umfang der Homeofficetätigkeit (d.h. über die Anzahl der Tage) ein Mitbestimmungsrecht zusteht ist strittig. Das Arbeitsgericht München lehnte in einer jüngeren Entscheidung (18.04.2023 – 40 BVG a 8/23) ein Mitbestimmungsrecht bei der Einführung einer bestimmten Anzahl an Teamtagen pro Monat trotz des Bestehens einer Betriebsvereinbarung zum Homeoffice ab.
Fazit
Vor einer einseitigen Anordnung einer Präsenzpflicht im Betrieb sollten Arbeitgeber bestehende Vereinbarungen dahingehend prüfen, ob die arbeitgeberseitige Entscheidungsfreiheit eingeschränkt ist. Ansonsten besteht in den Grenzen billigen Ermessens eine gewisse Flexibilität. Anstelle einer ausnahmslosen Beendigung von Homeoffice oder mobiler Arbeit sind Arbeitgeber zudem gut beraten, hier einen gewissen Spielraum für Arbeitnehmer zu belassen. Immerhin ist die Möglichkeit zur Arbeit im Homeoffice mittlerweile eine wichtige Anforderung, die Arbeitnehmer an einen (neuen) Arbeitgeber stellen.