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Deutschland | Publikation | Ausgabe November 2022
Gegenstand der Verletzungsverfahren vor dem Einheitlichen Patentgericht können sowohl Einheitspatente als auch die klassischen Bündelpatente (EP-Patente) sein, wobei sich die Wirkung für die EP-Patente lediglich auf die Vertragsmitgliedsstaaten des Einheitlichen Patentgerichts beschränkt.
Hinsichtlich der EP-Patente besteht für eine Übergangszeit von zunächst 7 Jahren (wird ggf. auf 14 Jahre erweitert) eine parallele Zuständigkeit der nationalen Gerichte sowie des Einheitlichen Patentgerichts. Inhaber eines EP-Patents haben jedoch die Möglichkeit, über eine sog. Opt-out Erklärung die Zuständigkeit des Einheitlichen Patentgerichtes auszuschließen. Dies ist jedoch nur solange erlaubt, bis noch keine Nichtigkeitsklage oder Klage auf Feststellung der Nichtverletzung beim Einheitlichen Patentgericht anhängig gemacht wurden. Diesen Umstand könnten sich potentielle Beklagte zu Nutze ziehen, um vor einer Opt-out Erklärung vorausschauend gefährliche Patente europaweit anzugreifen, um nicht später, nach einem Opt-out, die Nichtigkeit des Patents Land für Land durchsetzen zu müssen. Patentinhaber sollten sich daher überlegen, ob sie für besonders wertvolle Patente eine Opt-out Erklärung bereits abgeben, bevor das Einheitliche Patentgericht seine Arbeit aufnimmt, um sie der Gefahr eines europaweiten Widerrufs zu entziehen.
Sollte der Inhaber eines EP-Patents sich nach einem erfolgten Opt-out dazu entscheiden, doch die Gerichtsbarkeit des Einheitlichen Patentgerichts in Anspruch zu nehmen, besteht einmalig die Möglichkeit zu einem Opt-in, um diese Zuständigkeit wiederherzustellen.
Die Verfahren vor dem Einheitlichen Patentgericht sollen einem klaren Ablauf folgen. Ein strenges Fristenregime soll Verzögerungen soweit es geht vermeiden. Das erstinstanzliche Verfahren vor den Lokal- oder Regionalkammern bzw. der Zentralkammer beginnt mit einem schriftlichen Verfahren, gefolgt von einem Zwischenverfahren und der abschließenden mündlichen Verhandlung. Innerhalb eines Jahres nach Klageerhebung soll das erstinstanzliche Verfahren beendet sein.
Ähnlich den Einspruchs- und Beschwerdeverfahren beim Europäischen Patentamt ist die Verfahrensakte des Einheitlichen Patentgerichts öffentlich zugänglich. Die Parteien des Verfahrens können Anträge auf Geheimhaltung verschiedener Dokumente stellen, müssen diese jedoch begründen. Schließlich liegt die Entscheidung beim Gericht, ob die jeweiligen Dokumente als vertraulich eingestuft und damit nicht im Register veröffentlich werden.
Im Gegensatz zum weitgehend vertraulichen deutschen Verletzungsverfahren ist somit zu befürchten, dass wichtige Dokumente an die Öffentlichkeit gelangen könnten.
Anders als im deutschen Verfahren kann sich der Beklagte mit dem Nichtigkeitseinwand gegen das Klageschutzrecht in Form der Nichtigkeitswiderklage verteidigen, die im Erfolgsfall eine vollständige Vernichtung oder Einschränkung des Klageschutzrechts zur Folge hat. Das stärkt die Position des Beklagten im Vergleich zum deutschen Verfahren, in dem Verletzung und Nichtigkeit immer vor getrennten Gerichten verhandelt wird und ein vorläufig vollstreckbares Urteil erlassen werden kann, bevor über den Rechtsbestand des Klageschutzrechts entschieden wurde.
Im Vergleich zur selbstständigen Nichtigkeitsklage, die zwingend vor der Zentralkammer verhandelt wird, kann das Verletzungsverfahren bei einer Nichtigkeitswiderklage unterschiedliche Verläufe nehmen. Die Lokal-/ Regionalkammer kann einen technischen Richter hinzuziehen und die Nichtigkeit mitentscheiden. Außerdem kann die Nichtigkeitswiderklage abgetrennt und an die Zentralkammer verwiesen werden oder das gesamte Verfahren kann an die Zentralkammer verwiesen werden.
Verfahrenskosten sind regelmäßig ein bedeutender Faktor bei der Wahl des Gerichtstandes. Ein Verfahren beim Einheitlichen Patentgericht ist zwar hinsichtlich der Gerichtskosten vorhersehbar, jedoch nicht die Kostenlast bzw. Kostenerstattung der Anwalts- und sonstigen Verfahrenskosten.
Die Gerichtsgebühren für Verfahren beim Einheitlichen Patentgericht setzen sich aus einer Fixgebühr sowie einer streitwertabhängigen Gebühr zusammen. Für Verletzungsklagen, einstweilige Verfügungsverfahren, Feststellung der Nichtverletzung sowie Nichtigkeitswiderklagen beträgt die Fixgebühr €11.000, für eine separate Nichtigkeitsklage €20.000 sowie für Höheverfahren €3.000. Die streitwertbezogenen Gebühren bewegen sich zwischen €2.500 für einen Streitwert zwischen €500.000 und €750.000, bis hin zu €325.000 für Streitwerte ab €50m. Eine Besonderheit besteht bei der Gebühr für die Nichtigkeitswiderklage, da hier eine Beschränkung auf maximal €20.000 vorgesehen ist.
Anfallende und ggf. erstattungsfähige Anwaltsund sonstige Verfahrenskosten bestimmen sich nach den tatsächlich entstandenen Kosten, sind jedoch verfahrensabhängig gedeckelt. Es gibt einen streitwertabhängigen Höchstsatz, der beispielsweise bei einem Streitwert von bis zu €250.000 bei bis zu €38.000, aber ab einem Streitwert von über €50m bei bis zu €2m liegt. Zum anderen müssen die entstandenen Gebühren angemessen und zumutbar sein. Was darunter zu verstehen ist, muss sich durch die Praxis erst noch zeigen.
Zur Absicherung seiner ggf. erstattungsfähigen Kosten kann der Beklagte ferner die Leistung angemessener Sicherheiten verlangen. Im Gegensatz zum deutschen Einwand der Prozesskostensicherheit ist dieser Einwand nicht auf Kläger mit Sitz außerhalb der EU beschränkt und ist daher von jedem potentiellen Kläger zu beachten. Abhängig vom Streitwert des Verfahrens können auf den Kläger nicht unerhebliche zusätzliche Kosten für die Stellung einer Sicherheit zukommen.
Ein vielfach genannter Vorteil des Einheitspatents ist seine Wirkung für sämtliche Vertragsmitgliedsstaaten und die damit verbundene Möglichkeit, auf „einen Schlag“ einen weitreichenden Unterlassungstitel zu bekommen. Die nicht mehr erforderliche Durchsetzung des jeweils nationalen Patents vor den einzelnen Gerichten erhöht das Drohpotential gegenüber dem vermeintlichen Verletzer.
Zu beachten ist allerdings, dass der Unterlassungsanspruch unter einem ausdrücklichen Ermessensvorbehalt steht. Das Gericht „kann“ dem Verletzer die Fortsetzung der festgestellten Patentverletzung untersagen, muss dies aber nicht. Inwieweit die Richter des Einheitlichen Patentgerichts von ihrem Ermessen Gebrauch machen werden, wird sich zeigen. Mit Blick auf Deutschland lässt sich bspw. feststellen, dass der den Unterlassungsanspruch einschränkende Verhältnismäßigkeitsvorbehalt bisher extrem restriktiv gehandhabt wird. Noch dazu sieht das Übereinkommen, im Gegensatz zum deutschen Patentrecht, explizit keine entsprechende Entschädigung vor, sollte der Unterlassungsantrag aufgrund der Ermessensausübung abgelehnt werden. Ob eine solche Konstellation über den zu leistenden Schadensersatz gelöst werden wird, bleibt abzuwarten.
Mit der weitreichenden Wirkung des Einheitspatents steht dem Patentinhaber grundsätzlich auch die Türe zu höheren Schadensersatzsummen offen. Aufgrund des größeren Produktumsatzes auf dem Markt der Vertragsmitgliedsstaaten wird eine entsprechende Bemessung im Vergleich zu einzelnen nationalen Staaten regelmäßig höher ausfallen. In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass die Brüssel Ia-Verordnung (VO 1215/2012 – EuGVVO) vorsieht, dass unter bestimmten Voraussetzungen der Patentinhaber zusätzlich Ersatz eines Schadens, der außerhalb der Europäischen Union entstanden ist, verlangen kann.
Hinsichtlich der Vollstreckung der Entscheidungen des Einheitlichen Patentgerichts sehen die Verfahrensregeln eine Vollstreckung nach den Vorschriften der einzelnen Vertragsmitgliedsstaaten, in denen das Urteil vollstreckt werden soll, vor.
In bestimmten Bereichen ist die Vollstreckung jedoch noch mit einigen Unsicherheiten behaftet. Beispielsweise steht es im Ermessen der ersten Instanz des Einheitlichen Patentgerichts, ob die Vollstreckung der Entscheidung von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht wird, obwohl das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Weiterhin steht die Verpflichtung für die Vollstreckung einer später aufgehobenen Entscheidung dem Beklagten Schadensersatz zu leisten, im Ermessen des Gerichts und ist nicht, wie u.a. nach deutschem Recht, zwingend.
Das Einheitliche Patentgericht in Verbindung mit dem Einheitspatent schafft eine attraktive Möglichkeit zum effektiven Vorgehen gegen Patentverletzungen. Neben der großen territorialen Reichweite des Unterlassungsanspruchs und potentiell größeren Schadensersatzsummen ist sicher auch das angestrebte zügige Verfahren ein Faktor, der für das Einheitspatentsystem spricht. Dem steht jedoch ein, insbesondere im Verhältnis zum deutschen Verfahren, größeres Kostenrisiko und die Gefahr des umfänglichen Schutzrechtsverlustes bei erfolgreicher Nichtigkeitswiderklage gegenüber. Die für die Kläger als günstig erachtete Trennung von Verletzungs- und Rechtsbestandsverfahren ist beim Einheitlichen Patentgericht im Grundsatz nicht vorgesehen. Von den Parteien zu beachten ist außerdem die öffentliche Zugänglichkeit der Verfahrensakte. Das Einheitliche Patentgericht kann zwar nicht die bisher bestehenden nationalen Gerichtsbarkeiten vollständig ersetzen, bietet aber eine wichtige neue Alternative bei Strategien zur Durchsetzung von Patenten.
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Ein Auslandsbezug im Sinne der EuGVVO liegt vor, wenn sich zwei in demselben EuGVVO-Mitgliedstaat wohnhafte Parteien im Rahmen einer Gerichtsstandsvereinbarung auf die internationale Zuständigkeit der Gerichte eines anderen EuGVVO-Mitgliedstaats verständigt haben.
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