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The 28th Conference of the Parties on Climate Change (COP28) took place on November 30 - December 12 in Dubai.
Global | Publikation | Februar 2021
Zum 01. Januar 2021 ist das neue Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts (Sanierungsrechtsfortentwicklungsgesetz - SanInsFoG) in Kraft getreten, nachdem erst am 19. September 2020 ein entsprechender Referentenentwurf durch das BMJV vorgelegt worden war.
Das neue Gesetz dient in erster Linie der Umsetzung der EU-Richtlinie zum präventiven Restrukturierungsrahmen (EU) 2019/1023. Die signifikante Gesetzesreform hat Änderungen zahlreicher aktueller Gesetze zur Folge, insbesondere der InsO, des COVInsAG sowie des AktG und des GmbHG und wird die Restrukturierungspraxis in Deutschland voraussichtlich nachhaltig verändern. Im Zentrum des SanInsFoG steht das neue Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG), mit dem es nun erstmals in Deutschland einen gesetzlichen Rahmen für vorinsolvenzrechtliche Restrukturierungsmaßnahmen gibt.
Kurz vor Verabschiedung des Gesetzes wurden auf Grundlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz noch weitreichende Änderungen am Gesetzesentwurf vorgenommen. Angesichts der Erwartung, mit Hilfe des SanInsFoG den wirtschaftlichen und rechtlichen Herausforderungen der COVID-19-Pandemie besser begegnen zu können, hielt der Gesetzgeber jedoch an dem engen Zeitplan fest.
Der Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen (SRR) soll Unternehmen, die drohend zahlungsunfähig sind, alternative Sanierungslösungen bieten, welche weder die Zustimmung aller Gläubiger, noch ein formales Insolvenzverfahren voraussetzen. Durch eine frühzeitig eingeleitete und gut vorbereitete Sanierung auf der Grundlage eines von den Gläubigern mehrheitlich angenommenen Restrukturierungsplans soll die drohende Zahlungsunfähigkeit abgewendet und die Bestandsfähigkeit des Unternehmens sicher- bzw. wiederhergestellt werden. Für Unternehmen, die bereits akut zahlungsunfähig oder überschuldet sind, steht der SRR grundsätzlich nicht zur Verfügung.
Bisher hatten nach deutschem Insolvenzrecht die Unternehmen in der Krise lediglich die Wahl zwischen einer einvernehmlichen außergerichtlichen Einigung mit allen Gläubigern oder dem formellen Insolvenzverfahren, das meistens mit erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen für die Beteiligten, hohen Kosten und einem Reputationsschaden verbunden ist. Diese Lücke wurde nun geschlossen.
Der SRR ist dabei nicht als integriertes Verfahren konzipiert, sondern als ein modularer Verfahrensrahmen, dessen Elemente ein sanierungswilliges Unternehmen einzeln oder kombiniert in Anspruch nehmen kann.
Damit sich der SRR nahtlos in die bestehenden Verfahrensalternativen einfügt, wurden zum einen die Insolvenzantragsgründe der drohenden Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung besser voneinander abgegrenzt und zum anderen die Voraussetzungen für die Einleitung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung weiter präzisiert. Bei Letzterem flossen auch die Erkenntnisse aus der ESUG Evaluierung ein.
Der SRR ist als modulares Verfahren mit der Möglichkeit der Hinzuziehung eines Gerichts ausgestaltet. Ein formales Eröffnungsverfahren, in dem die Eröffnungsvoraussetzungen gerichtlich zu prüfen sind, ist nicht vorgesehen. Dem Unternehmen obliegt daher zur Inanspruchnahme des SRR lediglich die Pflicht, dem zuständigen Restrukturierungsgericht das Restrukturierungsvorhaben schriftlich anzuzeigen. Mit der Anzeige wird die Restrukturierungssache rechtshängig. Die Anzeige soll insbesondere die Darstellung des Restrukturierungskonzeptes sowie weitere bestimmte Angaben enthalten, die dem zuständigen Gericht ermöglichen sollen, sich einen ersten Überblick über den aktuellen Stand der Restrukturierungsmaßnahmen zu verschaffen.
Für die Inanspruchnahme des SRR wurde eine neue Gerichtszuständigkeit eingeführt, nämlich die des Restrukturierungsgerichts. Das Restrukturierungsgericht ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Oberlandesgericht seinen Sitz hat. Wenn dieses Amtsgericht nicht für Regelinsolvenzsachen zuständig ist, ist hingegen das Amtsgericht zuständig, welches für Regelinsolvenzsachen am Sitz des Oberlandesgerichts zuständig ist. Dadurch soll eine Gerichtskonzentration mit erforderlicher Expertise und Erfahrung gewährleistet werden. Aktuell gibt es in Deutschland 24 Restrukturierungsgerichte.
Die gerichtliche Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten soll nicht der Regelfall sein. Sie ist lediglich in Sonderfällen notwendig, insbesondere, wenn Rechte von Verbrauchern oder von mittleren, kleinen und Kleinstunternehmen betroffen sind, eine Vertragsbeendigung beantragt wird oder der Restrukturierungsplan überwacht werden soll (sog. notwendige Bestellung). Unabhängig von der notwendigen Bestellung können die Gläubiger mit 25% der Stimmmehrheit oder das Unternehmen selbst die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten beantragen (sog. fakultative Bestellung).
Hauptaufgabe des Restrukturierungsbeauftragten soll die Prüfung sein, ob Umstände vorliegen, die die Aufhebung der Restrukturierungssache rechtfertigen. Das Gericht kann darüber hinaus weitergehende Befugnisse an den Restrukturierungsbeauftragten übertragen. Eine allumfassende Aufsicht wie im Insolvenzverfahren ist hingegen nicht vorgesehen.
Ein Unternehmen in der Krise hat im vorinsolvenzlichen Stadium zusätzlich die Möglichkeit, einen gerichtlich bestellten Sanierungsmoderator in Anspruch zu nehmen. Dieser soll das Unternehmen, das restrukturierungsfähig sein muss, bei der Überwindung der wirtschaftlichen oder finanziellen Schwierigkeiten und Herbeiführung einer Lösung, einschließlich der Ausarbeitung eines Sanierungskonzepts, unterstützen. Die Lösung kann im Rahmen der Sanierungsmoderation jedoch nur konsensual erfolgen. Die Bestellung erfolgt zunächst für einen Zeitraum von drei Monaten, kann aber auf Antrag des Unternehmens und mit Zustimmung der betroffenen Gläubiger um bis zu weitere drei Monate verlängert werden. Wird die Restrukturierungssache rechtshängig, kann der Sanierungsmoderator auch als Restrukturierungsbeauftragter bestellt werden.
Das Unternehmen in der Krise kann frei wählen, ob und welche gerichtlichen Verfahrenshilfen in Anspruch genommen und beantragt werden sollen. In Betracht kommen insbesondere:
Die Möglichkeiten zur Insolvenzanfechtung von Rechtshandlungen während der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache ist in gewissem Umfang eingeschränkt. Die Annahme eines sittenwidrigen Beitrags zur Insolvenzverschleppung oder eines Vorsatzes der Gläubigerbenachteiligung kann nicht allein darauf gestützt werden, dass der handelnde Gläubiger Kenntnis von der Einleitung des SRR und von der Inanspruchnahme entsprechender Instrumente hatte. Des Weiteren sind Regelungen eines rechtskräftigen Restrukturierungsplans und Rechtshandlungen in Vollzug des Plans nur dann anfechtbar, wenn die Planbestätigung auf der Grundlage unrichtiger oder unvollständiger Angaben des Unternehmens erfolgte und dem anderen Teil dies bekannt war.
Während der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache ruht die Insolvenzantragspflicht des Unternehmens. Sie wird jedoch durch die Pflicht zur unverzüglichen Anzeige des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung beim Restrukturierungsgericht ersetzt.
Bei der Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung gilt die Besonderheit, dass bei hinreichenden Aussichten auf eine Annahme des Restrukturierungsplans die Forderungen nur in der Höhe zugrunde gelegt werden können, in der sie nach Umsetzung des Restrukturierungsplans verbleiben würden. Insofern hat ein Restrukturierungsplan, welcher kurz vor der Annahme steht, eine positive Auswirkung auf die Beurteilung des Risikos einer Zahlungsunfähigkeit.
Die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache sowie die Inanspruchnahme von Instrumenten des SRR allein berechtigen nicht zur Vertragsbeendigung. Entgegenstehende Vertragsklauseln sind unwirksam.
Auch sind Gläubiger daran gehindert, allein wegen der rückständigen Leistungspflicht des Schuldnerunternehmens eine ihm im Anordnungszeitraum obliegende Leistung zu verweigern oder Vertragsbeendigungs- oder –abänderungsrechte geltend zu machen. Für außerhalb der rückständigen Leistung liegende Gründe gilt dieser Ausschluss hingegen nicht.
Für Finanzsicherheiten und Zahlungs- bzw. Abwicklungssysteme nach dem Kreditwesengesetz sowie für das Liquidationsnetting im Sinne von § 104 Abs. 3 und 4 InsO geltend diese Einschränkungen nicht.
Kernelement des SRR ist der Restrukturierungsplan. Mit dem Restrukturierungsplan soll darauf reagiert werden, dass bei drohender Zahlungsunfähigkeit eine vollständige Begleichung der Gläubigerforderungen gefährdet ist.
In den Restrukturierungsplan müssen nicht alle Gläubiger einbezogen werden. Das Unternehmen kann entscheiden, welche Gläubigergruppen in dem Restrukturierungsplan berücksichtigt werden (sog. Planbetroffene). Die Auswahl muss allerdings nach sachgerechten vorbestimmten Kriterien erfolgen. Ausgenommen sind ausdrücklich Forderungen von Arbeitnehmern sowie Forderungen aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen und Geldstrafen. Gläubiger dieser Forderungen dürfen nicht in den Plan einbezogen werden.
Der Mindestinhalt des Restrukturierungsplans wird vorgeschrieben. Er muss in einen darstellenden und einen gestaltenden Teil gegliedert werden. Im darstellenden Teil werden das Restrukturierungskonzept, insbesondere die Begründung der Gruppenbildung sowie die Planbedingungen wie Laufzeit, Finanzierung, Umschuldungen etc. erläutert, wohingegen im gestaltenden Teil dessen Rechtsfolgen für die Rechtsverhältnisse und Forderungen der Gläubiger sowie die Planumsetzung ausgeführt werden. Dem Plan muss außerdem eine Stellungnahme des Unternehmens über die eigene Rentabilität nach Umsetzung des Plans und eine Auflistung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten des Unternehmens hinzugefügt werden. Zur besseren Orientierung wird auf der Internetseite des BMJV eine Checkliste für Restrukturierungspläne veröffentlicht werden, die sich in erster Linie an kleine und mittlere Unternehmen richtet.
Für die Annahme des Restrukturierungsplans ist eine qualifizierte Summenmehrheit von 75% je Gläubigergruppe erforderlich. Das Stimmrecht bestimmt sich somit nach dem Betrag der Forderung oder im Falle von Inhabern von Anteils- oder Mitgliedschaftsrechten nach der Beteiligung am Kapital des Unternehmens. Jede Gruppe stimmt gesondert ab und die Summenmehrheit muss in jeder Gruppe gegeben sein. Eine Kopfmehrheit ist nicht erforderlich.
Wird die Mehrheit in einer Gruppe nicht erreicht, gilt die Zustimmung diese Gruppe dennoch als erteilt, wenn die Gruppe durch den Restrukturierungsplan voraussichtlich nicht schlechter stünde als ohne den Plan, die Gruppe angemessen an dem wirtschaftlichen Wert beteiligt wird und die Mehrheit der Gruppen für den Plan gestimmt hat (sog. cross-class cram-down).
Die Planungsabstimmung kann von dem Unternehmen selbst organisiert werden oder aber auf Antrag vor Gericht stattfinden. Wurde ein Restrukturierungsbeauftragter notwendigerweise bestellt, soll ihm die Entscheidung darüber obliegen, wie über den Plan abgestimmt wird. Darüber hinaus kann im Restrukturierungsplan vorgesehen werden, dass die Abstimmung unter Einsatz von Fernkommunikationsmitteln durchgeführt wird.
Der Restrukturierungsplan entfaltet grundsätzlich seine Wirkung, ohne dass er von einem Restrukturierungsgericht bestätigt wird. Allerdings kann auf Antrag des Unternehmens eine gerichtliche Planbestätigung eingeholt werden. Diese kann nur dann versagt werden, wenn das Unternehmen nicht drohend zahlungsunfähig ist, die Verfahrensvorschriften nicht eingehalten wurden oder die Verpflichtungen aus dem Restrukturierungsplan von dem Unternehmen offensichtlich nicht erfüllt werden können. Sofern der Restrukturierungsplan neue Finanzierungen vorsieht, unterliegt die gerichtliche Planbestätigung zusätzlichen Voraussetzungen, insbesondere erfolgt dann eine Schlüssigkeitsprüfung des Restrukturierungskonzepts. Darüber hinaus können die Planbetroffenen, die gegen den Restrukturierungsplan gestimmt haben, die Versagung der Planbestätigung beim Gericht beantragen, wenn sie durch den Plan voraussichtlich schlechter gestellt wären als sie ohne den Plan stünden (Minderheitenschutz). Zur Vermeidung einer Versagung der Planbestätigung kann der Plan vorsehen, dass für den Fall des Nachweises einer Schlechterstellung Mittel bereitgestellt werden. Gegen die Planbestätigung können die Planbetroffenen unter bestimmten formalen Voraussetzungen das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde einlegen, welche jedoch grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung (Suspensiveffekt) entfaltet.
Der Restrukturierungsplan entfaltet nur gegenüber den Planbetroffenen Rechtswirkung. Mit der Bestätigung des Restrukturierungsplans treten die im gestaltenden Teil festgelegten Wirkungen ein. In dingliche oder persönliche Sicherheiten außerhalb des Bereichs gruppeninterner Sicherheiten kann durch die Restrukturierungsplan nicht eingegriffen werden.
Maßnahmen, welche zum Vollzug des Restrukturierungsplans vorgenommen werden, sind grundsätzlich nicht anfechtbar, wenn der Plan rechtskräftig gerichtlich bestätigt wurde.
Mit Hilfe des Restrukturierungsplans können grundsätzlich alle Forderungen gestaltet werden, welche gegen den restrukturierungsfähigen Schuldner begründet sind. Weiterhin können auch diejenigen Rechte gestaltet werden, die an Gegenständen des schuldnerischen Vermögens bestehen und im Fall der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zur Absonderung berechtigen würden.
Zudem sind Eingriffe in Einzelbestimmungen mehrseitiger Rechtsverhältnisse (insbesondere Konsortialkreditverträge), einschließlich sog. Finanzkennzahlen (Financial Covenants) möglich. Durch die Möglichkeit der Gestaltung von gruppeninternen Drittsicherheiten ist auch eine Restrukturierung von Sicherheiten innerhalb eines Konzerns (upstream, downstream und sidestream) realisierbar.
Von der Gestaltung durch den Restrukturierungsplan ausgenommen sind Forderung von Arbeitnehmern, Forderungen aus vorsätzlich begangener unerlaubter Handlung sowie Geldstrafen, Geldbußen sowie Ordnungs- und Zwangsgelder.
Das Unternehmen kann im SRR die gerichtliche Anordnung von Stabilisierungsmaßnahmen (Stabilisierungsanordnung oder Moratorium) zwecks Erreichung des Restrukturierungsziels beantragen, die sowohl eine Vollstreckungs- als auch eine Verwertungssperre umfassen können. Dabei handelt es sich um eine gerichtliche Durchsetzungssperre, wodurch Maßnahmen der Zwangsvollstreckung gegen das Unternehmen oder die Verwertung eines Gegenstandes des Unternehmens während der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache untersagt werden.
Die Anordnung des Moratoriums kann für bis zu drei Monate erfolgen. Ausnahmsweise kann die Vollstreckungs- und Verwertungssperre durch eine Folge- oder Neuanordnung um einen Monat auf insgesamt vier Monate verlängert werden, wenn das Planangebot bereits unterbreitet wurde und mit der Planannahme innerhalb dieses weiteren Monats zu rechnen ist. Eine weitere Verlängerung auf insgesamt maximal acht Monate ist hingegen nur zulässig, wenn ein von den Gläubigern angenommener Plan dem Gericht zur Bestätigung vorgelegt wurde und die Bestätigungsfähigkeit nicht offensichtlich ausgeschlossen ist.
Das Moratorium umfasst grundsätzlich alle Forderungen. Jedoch gelten auch hier wieder Ausnahmen zugunsten von Finanzsicherheiten und Zahlungs- bzw. Abwicklungssystemen nach dem Kreditwesengesetz sowie beim Liquidationsnetting im Sinne von § 104 Abs. 3 und 4 InsO.
Während des Moratoriums ist das Recht der Gläubiger, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Unternehmens zu beantragen, ausgesetzt.
Bereits die Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache und somit auch die Anordnung des Moratoriums schränkt die Möglichkeit der Vertragspartner des Unternehmens ein, sich aufgrund des eingeleiteten SRR von Verträgen zu lösen, Leistungsverweigerungsrechte geltend zu machen oder Forderungen fällig zu stellen. Gläubiger können sich deshalb nicht auf Lösungsklauseln und Zurückbehaltungsrechte aufgrund des SRR berufen. Entgegenstehende Vereinbarungen sind unwirksam. Während des Moratoriums gilt dies auch im Hinblick auf rückständige Leistungen des Unternehmens. Demnach können Gläubiger keine entsprechenden Gestaltungsrechte allein aus dem Grund ausüben, weil das Unternehmen seiner Leistungspflicht noch nicht nachgekommen ist.
Noch im Regierungsentwurf des SanInsFoG wurde davon ausgegangen, dass sich die Vermögensbetreuungspflichten der Organe in der Krise primär am Gläubigerinteresse ausrichten sollten. Die Interessen der Anteilseigner sollten demnach, entsprechend der wirtschaftlichen Realität ihrer bestenfalls nachrangigen Befriedigungsaussichten, auch nur nachgelagert berücksichtigt werden. Der Gesetzgeber hat sich aber letztlich dagegen entschieden, diesen „neuen“ Verantwortlichkeitsgrundsatz in ausgeschriebener Form explizit zu übernehmen.
Stattdessen trifft die Organe der Unternehmen nun eine Pflicht zur fortlaufenden Überwachung über bestandsgefährdende Entwicklungen; insofern hat das SanInsFoG mehr klarstellende als konstituierende Wirkung. Letztlich bleibt den Organen ein Ermessensspielraum im Sinne der Business Judgement Rule. Ab Eintritt der drohenden Zahlungsunfähigkeit und Einleitung des SRR verdichtet sich dieser Ermessenspielraum zusehends dahingehend, dass keine risikoträchtigen Entscheidungen mehr getroffen werden dürfen. Im Verlauf der Krise verschieben sich bezüglich des Tatbestandsmerkmals „zum Wohle der Gesellschaft“ die Abwägungsparameter zugunsten der Gläubigerinteressen, weshalb Maßnahmen zu unterlassen sind, die die im Zustand der drohenden Zahlungsunfähigkeit angelegte Gefährdung der Gläubigerinteressen weiter vertiefen könnten.
Nach Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache verdichtet sich die Pflichtenbindung der Geschäftsleiter. Zur bisherigen Innenhaftung der Geschäftsleiter kommt ein weiterer Haftungstatbestand hinzu, der die Innenhaftung um die Höhe des den Gläubigern eventuell entstandenen Schadens ergänzt. Da der Gesetzgeber in diesem Stadium ausdrücklich die Verletzung der Gläubigerinteressen als haftungsbegründend ansieht, muss der Shift of Fiduciary Duties spätestens mit der Rechtshängigkeit der Restrukturierungssache erfolgt (und bestenfalls dokumentiert) sein.
Alle haftungsbeschränkten Unternehmen sind verpflichtet, ein Krisenfrüherkennungssystem einzurichten, welches Entwicklungen auf eine mögliche Gefährdung des Unternehmensfortbestandes überprüfen soll. Im Falle einer Gefährdung müssen Gegenmaßnahmen ergriffen und dem zur Überwachung berufenen Organ Bericht erstattet werden. Informationen über die Verfügbarkeit der von öffentlichen Stellen bereitgestellten Instrumentarien zur frühzeitigen Identifizierung von Krisen werden auf der Website des BMVJ zur Verfügung gestellt.
Neben der Einführung des StaRUG sieht der Referentenentwurf auch Änderungen der InsO vor. Ein insolvenzreifes Unternehmen soll künftig einen Anspruch auf ein Vorgespräch mit dem zuständigen Insolvenzgericht haben, wenn es mindestens zwei der folgenden Kriterien erfüllt: mind. EUR 6 Mio. Bilanzsumme, mind. EUR 12 Mio. Umsatz, mind. 50 Arbeitnehmer. Ein solches Vorgespräch soll der Klärung entscheidender Verfahrensfragen vor einer Insolvenzantragsstellung dienen.
Um die handelnden Organe zu entlasten, wird die Haftung für Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife rechtsformübergreifend neu geregelt. Demnach sollen Zahlungen, die im ordnungsgemäßen Geschäftsgang erfolgen, insbesondere solche, die der Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs dienen, trotz eingetretener Insolvenzreife dann keine Haftung nach sich ziehen, wenn gleichzeitig Maßnahmen zur nachhaltigen Beseitigung der Insolvenzreife oder zur Vorbereitung eines Insolvenzantrags ergriffen werden. Die Behandlung steuerrechtlicher Zahlungspflichten ab Eintritt der Insolvenzreife wird ebenfalls gesetzlich geregelt.
Des Weiteren wurden die Voraussetzungen für das Eigenverwaltungsverfahren überarbeitet. Es soll für das Insolvenzgericht ersichtlich sein, dass das insolvenzreife Unternehmen das Eigenverwaltungsverfahren rechtzeitig und gewissenhaft vorbereitet und an den Interessen der Gläubiger ausrichtet. Mit dem Antrag sollen daher bereits ein entsprechendes Konzept und ein Finanzplan vorgelegt werden.
Zur besseren Abgrenzung der drohenden Zahlungsunfähigkeit von einer Überschuldung gilt für die Überschuldungsprüfung nun ein Prognosezeitraum von einem Jahr, wohingegen bei der Prüfung der drohenden Zahlungsunfähigkeit regelmäßig ein 2-Jahres-Prognosezeitraum zugrunde gelegt wird. Hierdurch besteht jedenfalls im zweiten Jahr des Prognosezeitraums keine Konkurrenz mehr zwischen den beiden Insolvenzantragsgründen.
Der maximale Zeitraum für die Insolvenzantragspflicht bei Überschuldung wurde außerdem auf sechs Wochen erhöht, damit die in Betracht kommenden Maßnahmen sorgfältig abgewogen werden können. Bei der Zahlungsunfähigkeit bleibt es für die Stellung eines Insolvenzantrags bei einer Maximalfrist von drei Wochen.
Aufgrund der fortdauernden Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf eine Vielzahl von Unternehmen wurden im CovInsAG weitere Anpassungen im Hinblick auf die Insolvenzantragspflicht, den Überschuldungstatbestand und die Zugangsvoraussetzungen zum Schutzschirmverfahren vorgenommen.
Die befristete Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für solche Unternehmen, die einen Antrag auf Gewährung finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie gestellt haben, wurde unter bestimmten zusätzlichen Voraussetzungen zwischenzeitlich bis Ende April 2021 verlängert.
Des Weiteren wurde der Prognosezeitraum für die Überschuldungsprüfung bis zum 31. Dezember 2021 auf einen Zeitraum von vier Monaten verkürzt, wenn die Überschuldung unter bestimmten Kriterien nachweislich auf die Pandemie zurückzuführen ist. Ferner wurden die Zugangsvoraussetzungen zum Schutzschirmverfahren für Unternehmen, welche sich aufgrund der COVID-19 Pandemie in einer finanziellen Krise befinden, dahingehend erleichtert, dass diese Verfahren und Instrumente unter bestimmten zusätzlichen Voraussetzungen trotz Vorliegens einer Zahlungsunfähigkeit beantragt werden können.
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