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Insurance regulation in Asia Pacific
Ten things to know about insurance regulation in 19 countries.
Deutschland | Publikation | Juni 2020
Der BGH hat mit der Entscheidung im Eilverfahren vom 23.06.2020 die Anordnung des OLG Düsseldorf aufgehoben und damit die Verbotsverfügung des Bundeskartellamts bestätigt. Die Facebook-übergreifende Sammlung von nutzerbezogenen Daten muss damit vorerst gestoppt werden.
Private Facebook-Nutzer müssen bei der Anmeldung den Nutzungsbedingungen von Facebook zustimmen, um das soziale Netzwerk nutzen zu können. Hiermit wird auch eine Einwilligung des Nutzers verlangt für die Verwendung personenbezogener Daten, welche aus der Nutzung anderer konzerneigener Dienste (z.B. WhatsApp und Instagram) entstehen oder durch den Aufruf von Drittseiten (Off-Facebook Daten).
Das Bundeskartellamt hat nach etwa drei Jahren Ermittlungen mit Beschluss vom 06.02.2019 Facebook und weiteren Konzerngesellschaften die durch die Nutzungsbedingungen von Facebook vorgesehene Datenverarbeitung sowie ihre Durchführung untersagt und hat Abstellungsmaßnahmen auferlegt. Die automatische Auswertung aller für Facebook greifbaren Daten gehe zu weit. Hier missbrauche Facebook seine marktbeherrschende Stellung. Die Entscheidung des Kartellamts kam auch der zuständigen irischen Datenschutzbehörde zuvor, die ebenfalls ein Verfahren gegen Facebook eröffnet hat, um u.a. zu prüfen, ob die breite Einwilligung der Nutzer so zulässig ist.
Das OLG Düsseldorf hat wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Verfügung auf Antrag von Facebook die aufschiebende Wirkung der Beschwerde angeordnet. Diese Entscheidung stand nun – weiterhin im einstweiligen Verfahren – durch den BGH zur Überprüfung und wurde aufgehoben.
Das Kartellamt hat die Missbräuchlichkeit auf einen Verstoß gegen – außerwettbewerbliche Rechtsnormen – nämlich die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gestützt. „Facebook darf seine Nutzer künftig nicht mehr zwingen, einer faktisch grenzenlosen Sammlung und Zuordnung von Nicht-Facebook-Daten zu ihrem Nutzerkonto zuzustimmen", begründete der Präsident des Bundeskartellamtes, Andreas Mundt, damals die Untersagungsverfügung gegen den Internet-Riesen. Vielmehr müssten die Nutzer aktiv zustimmen, dass Facebook ihre Daten mit den Informationen auf anderen Seiten zusammenführt. Das Unternehmen müsse den Nutzern eine Wahlmöglichkeit lassen.
Vereinfacht dargestellt beruhte die Ratio der Entscheidung des Bundeskartellamts darauf, dass ein Unternehmen, welches gegen die Datenschutz-Grundverordnung verstößt, missbräuchlich handelt, wenn es marktbeherrschend ist.
Mit Beschluss vom 26.08.2019 hob der 1. Kartellsenat des OLG Düsseldorf auf Beschwerde von Facebook die Durchsetzung der Entscheidung des Bundeskartellamts im Eilverfahren auf und ordnete die aufschiebende Wirkung an. In der Ausgestaltung der Nutzungsbedingungen sei keine missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung zu sehen und dies gleich aus mehreren Gründen: fehlende Kausalität, keine Wettbewerbsschädigung, falsche Abhilfemaßnahmen. In bekannter einprägsamer Weise stellte der Senat fest:
„Das Argument des Amtes, der Kunde sei uninformiert, weil er die Nutzungsbedingungen nicht lese (...) ist in diesem Zusammenhang nicht stichhaltig, weil (...) die unterbleibende Kenntnisnahme nicht auf der Marktmacht von Facebook [beruhe], sondern bei lebensnaher Würdigung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf der Gleichgültigkeit oder Bequemlichkeit des Facebook-Nutzers […].
Ein Nutzerschaden in Form eines Kontrollverlusts, so der Düsseldorfer 1. Kartellsenat, lasse sich hierdurch nicht begründen.
Der BGH-Kartellsenat hat in seinem nunmehr ergangenen Beschluss ebenso wenig Zweifel an der marktbeherrschenden Stellung von Facebook auf dem Markt der sozialen Netzwerke gelassen wie an einer missbräuchlichen Ausnutzung derselben. Er hob die Entscheidung des OLG Düsseldorf auf und lehnte den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der von Facebook eingereichten Beschwerde ab.
Interessant ist die Begründung des BGH in der bislang lediglich veröffentlichten Pressemitteilung (Nr. 080/2020, https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2020/2020080.html;jsessionid=38F1D19E343E20776C61DF147ECFEDDE.1_cid286?nn=10690868)) auf:
„Maßgeblich […] ist nicht die vom Kartellamt in der angefochtenen Verfügung in den Vordergrund gerückte Frage, ob die Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten der Facebook-Nutzer, die aus deren Nutzung des Internets außerhalb von facebook.com und unabhängig von einem Facebook-Login entstehen, mit den Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung in Einklang steht.“
Der Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung durch Facebook ist vorliegend also unabhängig von der Frage eines Verstoßes durch die Ausgestaltung der Nutzungsbedingungen gegen die Vorgaben der DSGVO zu beantworten – und zu bejahen.
Maßgebend ist nach der Entscheidung des BGH vielmehr Folgendes: Bereits die fehlende Wahlmöglichkeit der Nutzer von Facebook, sich bei der Anmeldung gegen eine intensive Personalisierung ihrer Daten zu entscheiden, durch die eine Beschränkung des Zugriffs auf Daten außerhalb der Facebook-Nutzung ermöglicht würde, stellt einen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung dar. Denn: Im Rahmen eines funktionierenden Wettbewerbs wäre zu erwarten, dass Facebook auf die Wünsche der Nutzer, weniger Daten preiszugeben, mit einem entsprechenden Angebot reagieren würde. Nutzer hätten dann die Möglichkeit auf dieses Angebot auszuweichen.
Eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs sei damit nicht nur auf dem Markt der sozialen Netzwerke gegeben, sondern ließe sich auch auf dem für Facebook finanziell äußerst relevanten benachbarten Markt für Online-Werbung nicht ausschließen. Der Zugang von Facebook zu einer erheblich größeren Datenbasis verstärke gleichsam und automatisch auch auf diesem die ohnehin schon ausgeprägten „Lock-in-Effekte“, so dass es gar keiner Feststellung bedürfe, ob Facebook auch auf diesem über eine marktbeherrschende Stellung verfüge.
Das OLG Düsseldorf hat über das Beschwerdeverfahren in der Hauptsache bislang noch nicht entschieden. Indes kann aber erwartet werden, dass das Bundeskartellamt den Vollzug seiner Entscheidung angeht. Eines steht fest: Dass sich der 1. Kartellsenat im Hauptsacheverfahren durch die Entscheidung des BGH im Eilverfahren leiten lässt, ist mit Blick auf die jüngere Rechtsprechungspraxis des 1. Kartellsenats keineswegs gewiss. Außerdem könnte im Hauptsacheverfahren auch noch der Europäische Gerichtshof angerufen werden. Auch die Datenschutzbehörden werden an der Frage dran bleiben – die Entscheidung des BGH kann dort den Druck erhöhen, nun auch aktiv zu werden.
Es bleibt mit Spannung abzuwarten, ob das Bundeskartellamt als endgültiger Sieger aus dem Verfahren hervorgeht. Einiges spricht nunmehr jedoch dafür.
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