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Distress signals: Cooperation agreements or mergers to the rescue in times of crisis?
The current volatile and unpredictable economic climate creates challenges for businesses.
Global | Publikation | Januar 2020
Zum Jahreswechsel sind in der Umsetzung der 5. EU-Geldwäscherichtlinie vom 30. Mai 2018 („AMLD5“) wesentliche Neuerungen des Geldwäscherechts in Kraft getreten. Die deutsche Umsetzung umfasst Novellierungen insbesondere des Geldwäschegesetzes („GwG“) und des Kreditwesengesetzes („KWG“). Einige der Neuregelungen verdienen dabei besondere Aufmerksamkeit, da sie den Kreis der nach dem GwG verpflichteten Akteure (sog. „Verpflichtete“) erweitern. Aber auch die bereits zuvor Verpflichteten sind in Folge der Reform unter Umständen dazu gezwungen, interne Compliance-Strukturen und Strategien anzupassen und weitere geldwäscherechtliche Präventionsmaßnahmen zu implementieren.
Die wesentlichen Änderungen im GwG lassen sich überblicksartig wie folgt zusammenfassen:
Eine erfreuliche Klarstellung, die bereits im Regierungsentwurf aus dem Sommer 2019 enthalten war (vgl. auch unsere frühere Veröffentlichung), betrifft den Begriff des Finanzunternehmens. Gemäß der neu eingefügten Definition in § 1 Abs. 24 GwG sind Holdinggesellschaften, die ausschließlich Beteiligungen an Unternehmen außerhalb des Kreditinstituts-, Finanzinstituts- und Versicherungssektors halten und die nicht über die mit der Verwaltung des Beteiligungsbesitzes verbundenen Aufgaben hinaus unternehmerisch tätig sind, keine Finanzunternehmen im Sinne des GwG. Mit dieser Ergänzung wird endgültig klargestellt, dass reine Industrieholdinggesellschaften nicht in den Verpflichtetenkreis des GwG fallen. Diese Klarstellung dürfte insbesondere Industrieunternehmen des Mittelstandes zu Gute kommen, die aufgrund ihres operativen Geschäfts regelmäßig nur als Güterhändler einzuordnen, jedoch klassischerweise oftmals in Konzernstrukturen mit übergeordneter Holdinggesellschaft organisiert sind.
Diese einschränkende klarstellende Regelung stellt jedoch eine Ausnahme dar. Im Übrigen hat der Gesetzgeber den Kreis der Verpflichteten ausgeweitet und nimmt nun insbesondere Immobilienmakler auch dann in die Pflicht, wenn sie Pacht- oder Mietverträge – auch im Hinblick auf Wohnraum – vermitteln. Diese Ausweitung des GwG im Immobiliensektor ist vor allem im Hinblick auf die Erste Nationale Risikoanalyse des Bundesministeriums der Finanzen für den Zeitraum 2018/2019 konsequent, in der der deutsche Immobiliensektor als „Bereich mit herausgehobenem Risiko“ im Hinblick auf Geldwäscheaktivitäten eingestuft wird. Weitere unmittelbare Erweiterungen im GwG sind die Erfassung von Kunstvermittlern und Kunstlagerhaltern als Verpflichtete.
Mittelbare Weiterungen des Kreises der Verpflichteten ergeben sich zudem durch die Reform des regulatorischen Regimes für Krypto-Token im KWG. Die neu eingefügte Auffangkategorie der „Kryptowerte“ soll den Anwendungsbereich der bestehenden Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen, die sich auf Finanzinstrumente beziehen, im Kryptobereich abrunden. Zusätzlich wird als neue Finanzdienstleistung der Tatbestand des „Kryptoverwahrgeschäfts“ eingeführt. Die Adressaten der bestehenden und neuen Erlaubnispflichten des KWG sind zugleich auch Verpflichtete im Sinne des GwG.
Eine unscheinbare, wenngleich jedoch für die praktische Handhabung der Aufbewahrung der nach dem GwG erhobenen und eingeholten Informationen bedeutende Neuerung findet sich im neu formulierten § 8 Abs. 4 GwG. Grundsätzlich sind Aufzeichnungen und sonstige Belege weiterhin fünf Jahre lang aufzubewahren, soweit nicht andere gesetzliche Bestimmungen über Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten eine längere Frist vorsehen. Wie zuvor beginnt dabei die Frist im Fall der im Rahmen der Begründung einer Geschäftsbeziehung erhobenen Unterlagen erst mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Geschäftsbeziehung endet.
Nunmehr sind die Aufzeichnungen und sonstigen Belege allerdings nur noch spätestens nach Ablauf von zehn Jahren zu vernichten. Die alte Gesetzesfassung sah hingegen eine unverzügliche Vernichtung der Unterlagen zwingend nach Ablauf von fünf Jahren vor. Durch die Flexibilisierung mit der neuen Zeitspanne zwischen fünf und zehn Jahren soll es Verpflichteten erleichtert werden, den unterschiedlichen Aufbewahrungsfristen in den verschiedenen Gesetzen (GwG, Abgabenordnung, Handelsgesetzbuch), die in Bezug auf dasselbe Dokument greifen können, gerecht zu werden. Verpflichtete sollten sich daher für die Entscheidung über die weitere Aufbewahrung mit der rechtlichen Relevanz der konkret erhobenen Informationen auseinandersetzen. Automatisierte Löschprozesse sollten gegebenenfalls überarbeitet werden.
Obwohl im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens von zahlreichen Verbänden stark kritisiert, hat der Gesetzgeber die gruppenweiten Pflichten für Mutterunternehmen gemäß § 9 GwG umfangreich geändert. Brisant ist hierbei insbesondere der neu eingeführte § 9 Abs. 4 GwG, wonach die Durchführung einer gruppenweiten Risikoanalyse und die Implementierung von bestimmten geldwäscherechtlichen Präventionsmaßnahmen bereits dann für gruppenangehörige Unternehmen verpflichtend sind, wenn (1.) diesen Unternehmen mindestens ein anderes Unternehmen nachgeordnet ist und ihrem beherrschenden Einfluss unterliegt und (2.) das Mutterunternehmen dieser Unternehmen nicht vom Anwendungsbereich des GwG erfasst ist. Dies bedeutet, dass auch ein eigentlich nachgeordnetes Unternehmen unter Umständen die gleiche Pflicht zur Umsetzung gruppenweiter Maßnahmen (hinsichtlich der von ihm beherrschten nachgeordneten Unternehmen) treffen kann wie ein Mutterunternehmen. § 9 Abs. 5 GwG hält zudem fest, dass gruppenangehörige Unternehmen, die Verpflichtete im Sinne des GwG sind, neben ihren eigenen geldwäscherechtlichen Pflichten auch die gruppenweiten Maßnahmen zu erfüllen haben.
Die Zielsetzung dieser neuen Regelungen ist es, sämtliche Konstellationen zur Umsetzung gruppenweiter geldwäscherechtlicher Pflichten nach GwG zu berücksichtigen und hierbei auch solche Unternehmensgruppen zu erfassen, bei denen die jeweiligen Mutterunternehmen nicht in den Anwendungsbereich des GwG fallen. Unternehmensgruppen, die von einem Mutterunternehmen beherrscht werden, welches selbst nicht in den Anwendungsbereich des GwG fällt, sollten intern überprüfen, ob innerhalb der Konzernstrukturen Tochterunternehmen existieren, die sich als geldwäscherechtlich Verpflichtete qualifizieren und die wiederum beherrschenden Einfluss auf ihnen nachgeordnete Unternehmen ausüben. Solche Tochterunternehmen sind dann im Hinblick auf ihre nachgeordneten Unternehmen zur Umsetzung von „gruppenweiten“ geldwäscherechtlichen Maßnahmen verpflichtet.
Auch die Vorschriften zum Transparenzregister in §§ 18 ff. GwG wurden umfassend geändert, wodurch die praktische Bedeutung dieses Registers erheblich steigen dürfte. Dies betrifft insbesondere die Einführung des öffentlichen Zugangs zum Register. Abgesehen von Behörden und Verpflichteten war die Einsichtnahme bislang nur Personen möglich, die ein „berechtigtes Interesse“ an der Einsichtnahme hatten. Nunmehr wird die Einsichtnahme allen Mitgliedern der Öffentlichkeit gestattet, ohne dass es auf eine weitere Voraussetzung ankommt.
Für den Inhalt des Transparenzregisters wesentlich ist die Einführung einer neuen Meldepflicht in § 23a GwG. Demnach haben Verpflichtete der registerführenden Stelle (Bundesanzeiger Verlag GmbH) Unstimmigkeiten unverzüglich zu melden, die sie zwischen den Angaben über die wirtschaftlich Berechtigten, die im Transparenzregister zugänglich sind, und den ihnen zur Verfügung stehenden Angaben und Erkenntnissen über die wirtschaftlich Berechtigten feststellen. Die gleiche Meldepflicht trifft auch zuständige Aufsichtsbehörden und die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen, sofern dadurch die Aufgabenwahrnehmung der Behörden nicht beeinträchtigt wird. Die Abgabe der Unstimmigkeitsmeldungen ist (nach Registrierung) auf der Internetseite des Transparenzregisters möglich.
Das Ziel dieser neuen Meldepflicht ist die Erhöhung der Datenqualität im Transparenzregister. Über die bloße Meldung der Unstimmigkeiten hinaus hat der Meldende unter Umständen an der Aufklärung des Sachverhalts durch die registerführende Stelle mitzuwirken und gemäß § 23a Abs. 3 GwG die zur Aufklärung erforderlichen Informationen zu übergeben.
Die neue Meldepflicht hinsichtlich Unstimmigkeiten im Transparenzregister ist zudem im Zusammenhang zu sehen mit Änderungen bei den Kundensorgfaltspflichten nach §§ 10 ff. GwG, insbesondere bei der Pflicht zur Identifizierung (sog. KYC-Check). Gemäß dem neu hinzugefügten § 11 Abs. 5 Satz 2 GwG muss der Verpflichtete bei Begründung einer neuen Geschäftsbeziehung mit einer Vereinigung nach § 20 GwG (juristische Personen, eingetragene Personengesellschaften) oder einer Rechtsgestaltung nach § 21 GwG (Trusts, Stiftungen und ähnliche Rechtsgestaltungen) nunmehr auch einen Nachweis der Registrierung im Transparenzregister oder einen Registerauszug einholen. Stellt der Verpflichtete in diesem Zusammenhang Unstimmigkeiten fest, greift für ihn die neue Meldepflicht.
Darüber hinaus sehen die neuen Regelungen des GwG einen vereinheitlichten Katalog von verstärkten Sorgfaltspflichten im Falle von Transaktionen mit Hochrisikoländern vor (§ 15 Abs. 5 GwG). In solchen Fällen müssen zukünftig insbesondere auch standardmäßig zusätzliche Informationen über den Vertragspartner sowie die angestrebte Art der Geschäftsbeziehung eingeholt werden. Außerdem müssen Informationen über die Herkunft der Vermögenswerte und des Vermögens des Vertragspartners sowie den wirtschaftlich Berechtigten und über die geplante Verwendung der Vermögenswerte eingeholt werden.
Die AMLD5 erfordert lediglich die zusätzliche geldwäscherechtliche Erfassung von Dienstleistern, die virtuelle Währungen wie z.B. Bitcoin tauschen oder die elektronische Geldbörsen zur Verwahrung von virtuellen Währungen anbieten. Der deutsche Gesetzgeber ist bei seiner Umsetzung jedoch weit über die Geldwäscheprävention hinausgegangen und hat das regulatorische Regime für Krypto-Token im KWG reformiert (vgl. vertiefend zum neuen Krypto-Regime auch unsere weitere Veröffentlichung).
Der Anwendungsbereich der bestehenden Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen, die sich auf den Begriff der Finanzinstrumente beziehen, wird durch die Aufnahme der neuen Kategorie der „Kryptowerte“ in der Definition dieses Begriffs erweitert. Die Begründung betont allerdings den Charakter als bloßer Auffangtatbestand: Den Status als Finanzinstrument im Sinne des KWG können (1.) Token mit Tausch- und Zahlungsfunktion (virtuelle Währungen, Payment Token) bereits als „Rechnungseinheiten“ erlangen, (2.) zur Anlage dienende Token (Security Token, Investment Token) bereits als „Schuldtitel“, „Vermögensanlagen“ oder „Investmentvermögen“. Diskutiert wird, ob und wie weit der neue Auffangtatbestand der „Kryptowerte“ in den dritten Bereich der (3.) Nutzungstoken (Utility Token) reicht.
Zusätzlich wird das „Kryptoverwahrgeschäft“ als neue Finanzdienstleistung eingeführt. Die noch im Regierungsentwurf vorgesehene Trennung von sonstigen erlaubnispflichtigen Geschäften im Sinne des KWG wurde aufgegeben, so dass Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute zusätzlich auch die neue Erlaubnis beantragen können. Wird allerdings ausschließlich die neue Finanzdienstleistung betrieben, gelten bestimmte Privilegierungen. Für die erweiterten bzw. neuen Erlaubnispflichten gelten bestimmte Übergangsbestimmungen.
Auch wenn die geldwäscherechtlichen Änderungen in Umsetzung der 5. EU-Geldwäscherichtlinie nicht derart umfangreich ausfallen wie die Anpassungen aufgrund der 4. EU-Geldwäscherichtlinie, sind sie für die Verpflichteten dennoch für die strategische Ausrichtung und Durchführung der Arbeitsabläufe relevant, so dass sich betroffene Unternehmen mit der Anpassung ihrer Compliance-Systeme auseinandersetzen müssen. Dies gilt insbesondere für den Bereich der gruppenweiten Präventionspflichten, aber auch im Bereich der KYC-Prüfungen. Zudem ist die neue Meldepflicht hinsichtlich Unstimmigkeiten im Transparenzregister zu implementieren.
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