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Distress signals: Cooperation agreements or mergers to the rescue in times of crisis?
The current volatile and unpredictable economic climate creates challenges for businesses.
Publikation | June 2018
Die Länderfinanzminister haben am 21. Juni 2018 Vorschläge zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes für sogenannte Share Deals, also Transaktionen mit Immobiliengesellschaften, beschlossen. In aller Kürze geht es um folgende Änderungen:
Die Änderungen sind nicht so weitreichend wie teilweise befürchtet wurde. So wurden auch Schwellen von 75 Prozent und 50 Prozent öffentlich diskutiert, bei denen dann eine anteilige Grunderwerbsteuer anfallen sollte. Dennoch werden die vorgeschlagenen Änderungen erhebliche Auswirkungen auf Transaktionen mit Grundstücksgesellschaften haben. Offensichtlich konnten sich die Länderfinanzminister jedoch nicht auf eine Absenkung der Steuersätze für die Grunderwerbsteuer oder eine Befreiung für den privaten Hauskauf einigen. Dies ist angesichts voller Staatskassen und sprudelnder Steuerquellen enttäuschend.Bislang ist nur die politische Einigung der Länderfinanzminister über Kernpunkte der geplanten Änderungen veröffentlicht. Als nächstes obliegt es dem Bundesfinanzministerium einen Gesetzesvorschlag zu formulieren. Bis der Gesetzesvorschlag beim Bundestag eingereicht wird, dürften die alten Regelungen noch anwendbar sein. Es gibt also noch ein kurzes Zeitfenster, in dem existierende Strukturen angepasst und mit Bezug auf die neuen Regeln optimiert werden können.
Derzeit gibt es vor allem zwei Grundregeln für Share Deals sowie verschiedene Ausnahmen von der Besteuerung.
Der Tatbestand der Vereinigung aller Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft gilt gleichermaßen für Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften. Danach wird Grunderwerbsteuer vor allem dann ausgelöst, wenn ein Erwerber oder eine bestimmte Gruppe von Erwerbern 95 Prozent der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft auf sich vereinigt. Diese Vereinigung kann unmittelbar oder mittelbar und sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich erfolgen. Im Umkehrschluss wird keine Grunderwerbsteuer ausgelöst, wenn zwei unabhängige Erwerber Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft erwerben und einer mindestens 5,1 Prozent hält und der andere maximal 94,9 Prozent. Diese Regel gilt unabhängig von Haltefristen.
Eine ähnlich klingende aber doch im Detail andersartige Regel ist bislang nur auf Personengesellschaften anwendbar. Danach wird Grunderwerbsteuer ausgelöst, wenn sich der Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft derart ändert, dass innerhalb eines 5-Jahres Zeitraums mindestens 95 Prozent der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen. Der Unterschied zur Anteilsvereinigung besteht vor allem darin, dass die Grunderwerbsteuer nicht durch zwei unabhängige Erwerber vermieden werden kann. Nur wenn der Veräußerer zumindest 5,1 Prozent der Anteile an der Personengesellschaft für mindestens 5 Jahre zurückhält, löst die Transaktion keine Grunderwerbsteuer aus. Nach Ablauf von 5 Jahren kann der Erwerber auch die zurückgebliebenen 5,1 Prozent Anteile erwerben. In diesem Fall liegt zwar bei dem Erwerber eine Anteilsvereinigung vor, diese ist aber in der Regel zu 94,9 Prozent steuerbefreit, da der Erwerb mehr als 5 Jahre her ist.
Derzeit wird die Grunderwerbsteuer bei Personengesellschaften nicht erhoben, wenn Grundstücke zwischen einer Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern übertragen werden. Diese Ausnahmen von der Besteuerung werden auch in bestimmten Strukturen beim Erwerb von Immobiliengesellschaften angewendet, bei denen andernfalls eine Anteilsvereinigung oder die Änderung des Gesellschafterbestandes einer Personengesellschaft vorgelegen hätte. Diese Ausnahmen von der Besteuerung sehen allerdings je nach Fallgestaltung eine Haltefrist von 5 Jahren entweder vor oder nach der Transaktion vor.
Die politische Einigung sieht nun eine Absenkung der 95 Prozent Grenze bei der Anteilsvereinigung und bei der Änderung des Gesellschafterbestandes einer Personengesellschaft auf 90 Prozent vor. Das klingt nicht so dramatisch wie die befürchtete Absenkung auf 75 Prozent oder 50 Prozent, die öffentlich diskutiert wurde und bei denen eine anteilige Grunderwerbsteuer vorgeschlagen war.
Hintergrund für die moderate Absenkung auf 90 Prozent dürfte sein, dass erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken geäußert wurden. Eine Steuer bei einem Share Deal mit 75 Prozent oder 50 Prozent Anteilsübertragung könnte nicht mehr als Grunderwerbsteuer, sondern als eine Art Kapitalverkehrssteuer angesehen werden. Die Ähnlichkeit der Besteuerungsgrundlagen im Vergleich zum Verkauf eines Grundstückes wäre nicht mehr hinreichend gegeben. Offenbar gehen die Länderfinanzminister davon aus, dass die verfassungsrechtlichen Bedenken bei einer Schwelle von 90 Prozent nicht gegeben sind. Ob dies allerdings wirklich zutreffend ist, wird wohl nur das Bundesverfassungsgericht klären können, wenn dies Steuerpflichtige angreifen.
Der Vorschlag, die Haltefristen auf 10 Jahre zu verlängern, betrifft voraussichtlich in erster Linie die Regeln über die Änderung des Gesellschafterbestandes einer Personengesellschaft, die künftig also bereits bei einer Änderung von 90 Prozent des Gesellschafterbestandes innerhalb von 10 Jahren Grunderwerbsteuer auslöst. Allerdings ist zu befürchten, dass die Verlängerung der Haltefristen auch für die Ausnahmen von der Besteuerung für Personengesellschaften gelten soll.
Dies ist insgesamt eine signifikante Verschärfung. Das Einführen eines Zeitraums von 10 Jahren hat nichts mehr mit dem Stopfen von Schlupflöchern zu tun. Auch jedes normale Unternehmen, einschließlich dem noch so traditionellen Mittelständler, wird seine Strukturen typischerweise nicht über 10 Jahre unverändert lassen können. Dies ist somit kein Zeitraum, der für Anti-Steuerumgehungsmaßnahmen geeignet ist. Es bleibt zu hoffen, dass die Zeitspanne in der parlamentarischen Diskussion nochmal überdacht wird und entweder auf 7 Jahre reduziert oder aber für die Ausnahmen von der Besteuerung bei 5 Jahren belassen wird.
Zu befürchten ist außerdem, dass die Verlängerung der Haltefrist auf schon laufende 5-Jahreszeiträume angewendet werden kann. Ob dies so kommt und zulässig wäre, ist noch zu erörtern. Dies ist ein Thema für Käufer von 94,9 Prozent von Personengesellschaftsanteilen, die dem Verkäufer eine Verkaufsoption nach 5 Jahren eingeräumt haben. Läuft die 5-Jahresfrist erst nach der Gesetzesänderung ab, so löst dies unter der verlängerten Haltefrist Grunderwerbsteuer aus, die wirtschaftlich den Käufer treffen wird. Hier werden Verkäufer ggf. mit den Käufern über eine Verlängerung der Optionszeiträume verhandeln müssen.
Die Länderfinanzminister haben vorgeschlagen, dass die derzeitige Regelung über die Änderung des Gesellschafterbestandes einer Personengesellschaft auch für Kapitalgesellschaften eingeführt wird. Dies dürfte auch in der Systematik des Grunderwerbsteuerrechts eine einschneidende Änderung darstellen. Nach dieser Änderung wird es vor allem nicht mehr möglich sein, dass zwei unabhängige Erwerber Anteile an grundbesitzenden Kapitalgesellschaften erwerben. Künftig bedarf es also stets des Verkäufers, der mindestens 10,1 Prozent der Anteile für mindestens 10 Jahre zurückbehalten muss, damit keine Grunderwerbsteuer anfällt. Dies macht solche Gestaltungen deutlich unattraktiver.
Bislang unterscheidet das Grunderwerbsteuerrecht allerdings feinsinnig zwischen der Besteuerung von Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften. So ist die Anteilsvereinigung als Fiktion geregelt, wonach die Vereinigung als eine Übertragung des Grundstücks von der grundbesitzenden Gesellschaft auf den Gesellschafter fingiert wird, bei dem sich die Anteile vereinigen. Konsequenterweise ist es der Gesellschafter, bei dem die Grunderwerbsteuer anfällt. Anders ist es bei Personengesellschaften, dort regelt das Gesetz die Fiktion, dass ein Grundstück auf eine neue Personengesellschaft übergeht, wenn sich der Gesellschafterbestand der Personengesellschaft zu mindestens 95 Prozent (künftig 90 Prozent) geändert hat. Konsequenterweise fällt die Grunderwerbsteuer daher auch auf Ebene der Personengesellschaft an.
Wenn nun ein neuer Tatbestand eingefügt wird, der die Änderung von mindestens 90 Prozent des Gesellschafterbestandes bei Kapitalgesellschaften innerhalb von 10 Jahren erfasst, so stellt sich die systematische Frage, ob das Bundesfinanzministerium in seinem Gesetzentwurf die Unterscheidung zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften im Grunderwerbsteuerrecht ganz abschaffen wird. Dies wäre jedenfalls konsequent, wenn man den Ansatz zu Ende denkt. Dann sollte das Bundesfinanzministerium jedoch auch so konsequent sein und die Ausnahmen von der Besteuerung, die derzeit nur für Personengesellschaften gelten, auch auf Kapitalgesellschaften anwenden. Diese Konsequenz erwähnt der Vorschlag der Länderfinanzminister nicht. Insofern kann es sein, dass eine solche logische Konsequenz nicht gezogen wird. Im schlimmsten Fall stellt dann die Erweiterung der Grunderwerbsteuer-Tatbestände von Personengesellschaften auf Kapitalgesellschaften einen unsystematischen Fremdkörper dar, der künftige Strukturierungen noch anspruchsvoller macht und die Entscheidungen des Bundesfinanzhofs noch unvorhersehbarer.
Bislang wurde nur eine politische Einigung der Länderfinanzminister publiziert. Das Bundesfinanzministerium muss konkrete Gesetzesvorschläge noch erarbeiten. Sodann müssen der Bundestag und der Bundesrat dem Gesetz zustimmen. Wir halten die Wahrscheinlichkeit der Umsetzung der Vorschläge jedoch für sehr hoch, da hier bereits seit 2 Jahren an einer politischen Einigung gearbeitet wurde.
Bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Gesetzesvorschlag ins Parlament eingebracht wird, dürfte das Änderungsgesetz auch Rückwirkung entfalten, nach unserer Auffassung jedoch nicht weiter. Es dürfte daher zwischen heute und dem Zeitpunkt der Einbringung des Gesetzesvorschlags in den Bundestag ein Zeitfenster bestehen, in dem Mandanten noch Änderungen an ihren bestehenden Strukturen vornehmen können, um sie für die künftige Gesetzeslage zu optimieren. Wie groß das Zeitfenster sein wird, hängt wohl davon ab, wie schnell das Bundesfinanzministerium den Gesetzesvorschlag erarbeitet und ob dieser dann vor oder nach der Sommerpause in den Bundestag eingebracht wird. Mandanten sollten jedenfalls prüfen, ob sie ihre Strukturen kurzfristig oder grundsätzlich verändern sollten.
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